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Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz beschlossen: "Großer Tag für den Klimaschutz"

Mit den Stimmen von ÖVP, Grünen, SPÖ und Neos hat der Nationalrat am Mittwoch das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) beschlossen. Es soll Österreich bis zum Jahr 2030 bilanziell zu 100 Prozent Ökostrom verhelfen. Bis dahin wird jährlich eine Milliarde Euro in den Ausbau investiert.

Umweltministerin Leonore Gewessler sprach höchst erfreut von einem "großen Tag für den Klimaschutz" und knipste bei der Abstimmung strahlend ein Selfie mit den Abgeordneten im Hintergrund.

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Geplant ist ein Plus von 27 Terawattstunden (TWh) aus erneuerbaren Quellen, was laut Infrastrukturministerium achtmal der Leistung des nie in Betrieb gegangenen Atomreaktors in Zwentendorf entspricht. Der Ausbau gliedert sich in 11 TWh Photovoltaik, 10 TWh Windkraft, 5 TWh Wasserkraft und 1 TWh Biomasse. Dies, so das Ministerium, entspreche einer Steigerung um 50 Prozent zur bestehenden Ökostrom-Produktion (55,6 TWh).

Neben einem an den verschiedenen Energieträgern ausgerichteten Marktprämienmodell kommen auch Investitionszuschüsse, etwa für die Umrüstung von Anlagen oder die Erweiterung von Stromspeichern. Auch erneuerbares Gas und Wasserstoff werden in das Förderregime aufgenommen. Bestimmte Projekte wie Wasserkraftwerke an wertvollen Gewässerstrecken mit sehr gutem ökologischen Zustand sind von Förderungen ausgeschlossen.

Geschaffen werden mit der Sammelnovelle darüber hinaus gesetzliche Grundlagen für private - nicht vorrangig gewinnorientierte - Energiegemeinschaften. Weiters zum Paket gehört etwa ein vereinfachter Netzzugang für Ökostromanlagen.

Soziale Abfederung

In den parlamentarischen Verhandlungen waren zuletzt noch soziale Abfederungen ausverhandelt worden, was dem Gesetzespaket die Zustimmung der SPÖ und damit die benötigte Zweidrittelmehrheit verschaffte. Nicht nur die von der GIS befreiten Haushalte werden von allen Ökostrom-Abgaben befreit, sondern auch die Belastung für andere Haushalte mit niedrigem Einkommen mit 75 Euro pro Jahr gedeckelt.

Insgesamt sollen rund 550.000 Haushalte gar keine oder geringere Ökostrom-Abgaben bezahlen, etwa Sozialhilfeempfänger, Mindestpensionisten und alleinerziehende Frauen. Laut Gewessler hat sich die Ökostrombelastung für die Haushalte bisher um die 100 Euro pro Jahr bewegt, in den nächsten Jahren sollen es etwa 114 Euro sein.

ÖVP, Grüne und SPÖ euphorisch

In der Debatte zeigten sich die Redner der Koalitionsfraktionen, aber auch der SPÖ geradezu euphorisch. "Wir beschließen heute ein sauberes Betriebssystem für unser Land", meinte etwa Lukas Hammer (Grüne): "Wir leiten die größte Revolution seit der industriellen Revolution ein." Tanja Graf (ÖVP) nannte das EAG "drei Buchstaben, die Geschichte schreiben" und sah einen Beitrag geleistet, "dass es unserem Planeten besser gehen wird".

Auch Alois Schroll (ÖVP) vernahm die "größte Klima- und Energiewende Österreichs" eingeläutet. Man habe es in den bis zuletzt laufenden parlamentarischen Verhandlungen geschafft, die soziale Ausgewogenheit wiederzufinden. Das Sprichwort "Erst am Schluss wird das Gansl knusprig" habe sich bewahrheitet.

Ablehnung kam lediglich von der FPÖ. Deren Abgeordneter Axel Kassegger warnte vor Aktivistin Greta Thunberg und der "Klimawandelindustrie", die Reform sei von "Angstmacherei" getrieben. Die Frage sei auch, wer für die Kosten aufkomme. Seine Antwort: "Die Hackler werden es bezahlen am Ende des Tages, dass der Herr Innenstadt-Bonvivant mit seinem Tesla auf den Golfplatz fahren kann."

Ministerin Gewessler sah das naturgemäß nicht so. "Wir werden europäisch zum Vorreiter mit 100 Prozent erneuerbarem Strom in Österreich", sagte sie: "Damit legen wir den Grundstein zur Klimaneutralität", aber auch die "Grundlage für ein gutes Leben im 21. Jahrhundert". Mehr als 30 Mrd. Euro an Investitionen würden durch das EAG ausgelöst, und die Transformation erfolge gerecht und sozial treffsicher. Es sei auch ein Gesetz für sichere Arbeitsplätze und eine stabile Wirtschaft, unterstrich Gewessler.