Politik/Inland

75 Prozent der Schüler kamen am ersten Lockdown-Tag in die Schule

Seit heute, Montag, gilt bis 12. Dezember in acht österreichischen Bundesländern bzw. bis 17. Dezember in Oberösterreich erneut ein Lockdown. Ausgenommen sind unter anderem die Schulen. Dort gilt an und für sich eine klare Regelung: Der Unterricht findet (mit Masken- und Coronatestpflicht) stundenplanmäßig statt - wer allerdings nicht kommen will, muss das nicht. Dafür ist lediglich eine Entschuldigung durch die Eltern nötig. Gegenwärtig sind es also sie, die entscheiden können, ob ihr Kind in die Schule geht, oder nicht. Die Empfehlungen, was nun aber besser ist, gehen indes auseinander.

Unterschiedliche Regelungen 

Die Direktoren- und Lehrervertreter wollen daher die Möglichkeit bekommen, direkt am Schulstandort über das Schließen von Klassen bzw. die Umstellung auf Distance Learning zu entscheiden. Auch Elternbriefe von Schulen zeigen bereits, wie unterschiedlich etwa mit Schularbeiten in der geplanten Zeit des Lockdown umgegangen wird. An der einen Schule sollen Schularbeiten zumindest in den ersten Tagen mit den entsprechenden Schutzbestimmungen durchgeführt werden, da sich die Kinder ja schon darauf vorbereitet hätten. Andere sagen diese ab, wiederum andere machen die Entscheidung klassenweise von der Rückmeldung der Eltern bzw. der geplanten Anwesenheit der Schüler abhängig.

75 Prozent in der Schule 

Auch lassen die Mitteilungen darauf schließen, dass Eltern mit der Entscheidung, ihr Kind in die Schule zu schicken oder nicht, oft überfordert sind. Ein Schulleiter spricht  von einer "unzumutbaren Entscheidung" für die Eltern und empfiehlt "vorerst" die Teilnahme am Präsenzunterricht, andere vermeiden dezidiert eine von den Eltern eingeforderte irgendwie geartete Empfehlung.

Immerhin sind 75 Prozent der Kinder nach vorläufigen Zahlen am ersten Tag des österreichweiten Lockdown in die Schule gekommen.

Unterschiede in den Bundesländern: 

  • Salzburg: Rund 50 Prozent
  • Oberösterreich: 60-70 Prozent 
  • Wien: 70-90 Prozent  
  • Steiermark: 78 Prozent 
  • Niederösterreich: 80-85 Prozent 
  • Vorarlberg: 80-85 Prozent 
  • Burgenland: 70-80 Prozent
  • Tirol: 83 Prozent
  • Kärnten: 88 Prozent

Laut Bildungsministerium besuchten in sieben Bundesländern in etwa drei Viertel der Kinder die Schule, in Salzburg waren es dagegen nur rund 50 Prozent und in Oberösterreich zwischen 60 und 70 Prozent. Tendenziell kamen an den Volksschulen in manchen Bundesländern weniger Kinder, an den Sekundarstufen waren überdurchschnittlich viele Kinder anwesend.

Dabei handelt es sich allerdings erst um erste Zahlen aus den Bildungsdirektionen. Die Zahlen schwanken darüber hinaus je nach Schultyp und Standort. Der Montag sei außerdem noch ein Übergangstag, an dem viele Eltern noch nicht endgültig entschieden hätten, hieß es aus dem Ministerium gegenüber der APA.

In Wien seien je nach Schulstandort zwischen 70 und 90 Prozent der Kinder in die Schulen gekommen, teilte das Büro von Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) mit. Einen Ausreißer gibt es in der Bundeshauptstadt: In einer Schule sind nur 42 Prozent der Schülerinnen und Schüler erschienen.

In der Steiermark waren es sowohl an Pflichtschulen als auch an AHS und BMHS 78 Prozent. In Vorarlberg und Niederösterreich war die Anwesenheit vergleichsweise hoch. In beiden Bundesländern haben zwischen 80 und 85 Prozent der Schülerinnen und Schüler am ersten Lockdown-Tag die Schule besucht. Grund dafür könne aber sein, dass einige noch Schulsachen abholen müssten, hieß es aus der Bildungsdirektion Vorarlberg. In Niederösterreich verweist man aber auch darauf, dass Eltern keine Gewissensbisse haben müssen, wenn sie ihre Kinder lieber zu Hause behalten. Aber auch in Tirol und Kärnten haben viele Schülerinnen und Schüler die Schule besucht. 83 Prozent der Tiroler Schülerinnen und Schüler haben am Präsenzunterricht teilgenommen. In Kärnten waren es durchschnittlich sogar 88 Prozent.

Genaue Zahlen hatte das Burgenland verfügbar: Dort waren in der AHS-Unterstufe 80 Prozent der Schüler anwesend, gefolgt von der AHS-Oberstufe mit 78 Prozent. Bei den Volksschülern kamen 77 Prozent in die Klasse und in den Berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) waren es 76 Prozent. In den Mittelschulen waren 72 Prozent anwesend, in den Allgemeinen Sonderschulen 69 Prozent und in den Polytechnischen Schulen 38 Prozent.

Eine Umfrage der Bundesschülervertretung an den Oberstufenschulen kam auf eine Anwesenheitsquote von rund 90 Prozent. Rechnet man jene Schüler weg, die krank oder in Quarantäne sind, kamen also fast alle.

In den bisherigen Lockdowns war es bei den Schultypen anders. Damals kamen an den Volksschulen deutlich mehr in die Klassen als an den Unter- und Oberstufen. Dass es diesmal eher umgekehrt ist, dürfte an der für ältere Schüler schon verfügbaren Impfung liegen.

An den Schulen gilt ab heute durchgehend Maskenpflicht - an den Volksschulen, Mittelschulen, AHS-Unterstufen und Sonderschulen müssen Schüler mindestens einen Mund-Nasen-Schutz tragen, alle anderen Schüler sowie alle Lehrer brauchen eine FFP2-Maske. Abgenommen werden darf die jeweilige Maske nur während der Maskenpausen beim Lüften. Außerdem wird dreimal pro Woche getestet - mindestens einmal per PCR-Test.

„Es zeigt sich, dass die Bevölkerung sehr verantwortungsvoll mit unserem Modell umgeht“, meinte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) in einer der APA übermittelten Stellungnahme. „In Salzburg und Oberösterreich, den Ländern, die sehr betroffen sind, kommen deutlich weniger Schüler als in den anderen Bundesländern. Insgesamt haben die Eltern Vertrauen in unser System und sind froh, dass die Kinder getestet werden.“

Bildungsminister Heinz Faßmann hat zur Entscheidungsfindung, ob ein Kind in die Schule gehen soll oder nicht, im Ö1-Morgenjournal "Empfehlungen" abgegeben, wie er es nannte. Mehr dazu hier:

Unter anderem stellen sich nämlich Fragen wie jene nach der Stoffvermittlung für die Daheimgebliebenen. Hier sind die Vorgaben des Bildungsministeriums dehnbar. So sollen etwa Tests und Schularbeiten "nach Möglichkeit nicht stattfinden". Die Vermittlung von Unterrichtsinhalten soll "den Gegebenheiten angepasst" werden. Wer nicht am Präsenzunterricht teilnimmt, ist mit "Lern- und Übungsaufgaben auszustatten", die selbst erarbeitet werden müssen - wobei die Lehrer "wenn machbar" für Fragen zur Verfügung stehen.

Lern- und Arbeitspakete

Konkretisiert werden von den meisten Schulen die "Lern- und Arbeitspakete": Dabei handelt es sich vor allem um die Information über die in dieser Zeit geplanten bzw. durchgenommenen Kapitel bzw. Beispiele in den Büchern sowie die Hausübungen. Lehrer können ihren Unterricht gleichzeitig streamen, sind dazu aber nicht verpflichtet. Eines machen praktisch alle Schulen klar: Da die Vorgabe derzeit die Abhaltung des normalen Präsenzunterrichts vorsieht, werden dafür vorerst auch alle Lehrerinnen und Lehrer gebraucht - insofern sei Distance Learning für die Daheimgebliebenen grundsätzlich nicht möglich.

Auf eine Schwierigkeit  macht Ursula Madl, Direktorin des Billrothgymnasiums in Wien aufmerksam. Im Ö1-Mittagsjournal meinte sie, dass das mit den Lernpaketen in den höheren Schulen nicht so einfach wäre wie zum Beispiel in Volksschulen: "In einer Klasse unterrichten zwischen neun und zehn Lehrpersonen" begründet sie die Skepsis gegenüber den Vorschlägen. Auch sei es kaum möglich gleichzeitig Distance-Learning und Unterricht im Klassenzimmer zu machen. Ihr Vorschlag: "Sind nur wenige Schülerinnen und Schüler in der Klasse, dann sollte auf Online-Unterricht umgestellt werden. Die Schülerinnen und Schüler, die in die Schule kommen, könnten dann in Parallelklassen unterrichtet werden.

Die Christgewerkschafter in der AHS-Lehrervertretung, die mit Herbert Weiß auch den Vorsitzenden der AHS-Lehrergewerkschaft stellen, befürworten in einer Aussendung das Offenhalten der Schulen. Gleichzeitig verlangen sie aber auch, dass Entscheidungen über das Schließen von Klassen bzw. die Umstellung auf Distance Learning auch auf Schulebene möglich sein müssen. Ähnliches hatten am Freitag bereits die AHS-Direktoren gefordert.

Ganz anders sehen das hingegen die SchülerInnenvertreter. In einem offenen Brief an die Bundesregierung fordern sie entscheidende Maßnahmen. Denn: "An der einen Schule sollen Schularbeiten zumindest in den ersten Tagen mit den entsprechenden Schutzbestimmungen durchgeführt werden, da sich die Kinder ja schon darauf vorbereitet hätten. Andere sagen diese ab, wiederum andere machen die Entscheidung klassenweise von der Rückmeldung der Eltern bzw. der geplanten Anwesenheit der Schüler abhängig.

Schüler wollen "entscheidende Maßnahmen"

Konkret sprechen sich Schulsprecher von Höheren Schulen für Distance Learning an allen Österreichischen Schulen für 14 Tage zur Unterbrechung von Infektionsketten aus. An den Schulen soll es Betreuung für alle Schüler geben, die sie brauchen. Auch eine Sonderbetreuungszeiten für alle Eltern, um so viele Schüler wie möglich zuhause behalten zu können wird gefordert. Ebenso der flächendeckenden Ausbau des PCR-Testangebots für Schüler, konkret drei wöchentliche PCR-Tests an allen Schulen inklusive Wertung von schwach positiven Tests bei Wiederaufnahme des Schulbetriebs. 

Dass man die Infektionsketten unterbricht, indem man jetzt die Schulen kurzfristig schließt, hält der Infektiologie Michael Wagner durchaus für sinnvoll. "Da reichen vielleicht sogar sieben bis  zehn Tage mit Notbetreuung in den Schulen."

Wenn die Schulen dann die Empfehlungen der Wissenschaft konsequent umsetzen würde, wäre die Schule zukünftig ein sicherer Ort  - ein kontrollierter Raum und ein wichtiges Werkzeug im Kampf gegen die Pandemie, weil man in die Familien hineinteste. Der Vorschlag der Wissenschaft: drei Mal die Woche PCR-testen und auf deren Ergebnisse dann auch tatsächlich reagieren- Wichtig ist auch das Maskentragen: "Zudem müsste man lüften, wenn die Kinder gerade essen. Dann müssen sie eben für die Zeit eine Jacke anziehen."

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