Coronavirus : Justizministerin Zadic sieht keine Gefahr in Haftanstalten
Mit den bisher im Justizbereich gesetzten Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus sieht Justizministerin Alma Zadic (Grüne) Österreich "im europäischen Kontext als Vorreiter". Die Regelungen würden von den Häftlingen gut angenommen. Gefahr von Massenansteckungen oder gar Aufständen sieht die Ministerin derzeit nicht, wie sie am Montag im Gespräch mit der APA erklärte.
Verschärfte Hygienestandards
Bisher gibt es bundesweit nur einen bestätigten infizierten Insassen in heimischen Haftanstalten. Das ist laut Zadic auf die sehr früh, nämlich ab Ende Februar gesetzten Maßnahmen zurückzuführen. So wurden etwa die Hygienestandards verschärft, Mitte März Besuche untersagt und für Neuzugänge eine 14-tägige Isolation verordnet. Letzteres habe sich bewährt und "uns vor vielen Ansteckungen gerettet", lobte Zadic die für sie "wichtigste Maßnahme". Die Gefahr von Masseninfektionen sieht sie deshalb nicht.
Besuchsverbot
Eine Umfrage in den Justizanstalten (JA) in der vergangenen Woche habe gezeigt, dass die Stimmung insgesamt gut sei und die Maßnahmen gut angenommen werden. Man müsse sich aber überlegen, wie man trotz Besuchsverboten und Ausgangsbeschränkungen diese Stimmung aufrechterhalten kann, so Zadic. Das sei auch Thema einer Video-Konferenz mit ihren EU-Kollegen am Montag gewesen.
In Österreich wolle sie etwa mit "zusätzlichen Möglichkeiten der Videotelefonie Ausgleich zu den Besuchsbeschränkungen schaffen", betonte die Ministerin. Alle JA seien mit Laptops ausgestattet worden. Dass nun bereits 14 Haftanstalten Corona-Masken nähen, sei eine weitere Art der Beschäftigung. Eine Lockerung des Besuchsverbots sei derzeit nicht geplant, die Situation werde aber laufend analysiert und an die Fallzahlen angepasst.
Das verpflichtende Tragen eines Mundnasenschutzes (MNS) unter Häftlingen hält die Justizministerin für nicht sinnvoll. "Wenn eine Justizanstalt Corona-frei ist, sehe ich nicht die Notwendigkeit, alle mit Masken zu versehen. Wichtig ist aber, dass alle, die das Virus einschleppen könnten - Bedienstete und neue Häftlinge - Masken tragen", sagte Zadic. Hier besteht bereits seit 1. April eine Maskenpflicht, Neuzugänge müssen ohnehin zunächst 14 Tage in Quarantäne.
Als weiterer Schritt, um zu verhindern, dass durch das Personal Übertragungen stattfinden, sind Antikörper-Tests geplant. "Wir werden stärker auf Tests setzen, damit Bedienstete so schnell wie möglich getestet werden können." So könnten auch etwaige Personalausfälle vermieden werden.
Zur Kritik, dass viele Haftanstalten überbelegt sind und der Mindestabstand von einem Meter oft nicht gewährleistet werden kann - wie etwa ein Häftling der JA Josefstadt in einem Brief an die APA bemängelt hatte -, meinte Zadic, dass noch einmal darauf hingewiesen worden sei, die Abstandsregel unbedingt einzuhalten. Schon jetzt würden sich rund zwei Prozent weniger in den Haftanstalten aufhalten - weil etwa Haftantritte von nicht gefährlichen Personen, die bereits auf freiem Fuß sind bis nach dem Ende der Ausgangsbeschränkungen aufgeschoben werden. Zadic: "Damit reduzieren wir Neuzugänge."
Auslieferungen an andere europäische Staaten würden sich derzeit aufgrund der derzeitigen Reisebeschränkungen sehr schwierig gestalten. In den Gesprächen mit den EU-Kollegen sei das "kein großes Thema" gewesen, Österreich vertrete aber die Position, dass bei einer negativen Covid-Testung auch ausgeliefert werden kann und soll, so Zadic.