Caritas-Präsident Landau: „Pflege als Lehrberuf ermöglichen“
Von Johanna Hager
Herr Lisy ist ein Unikat. Der 91-jährige Wiener führt Schmäh und den Rollator vor sich her. „Auf der Gassen warte ich immer, bis eine hübsche Frau vorbeikommt.“ Herrn Lisys Frau lebt „zwei Gassen weiter im Pflegeheim ,Wie daham’“, wie er erzählt. Er wohnt dank mobiler Pflege der Caritas mit Pflegestufe 3 in den eigenen vier Wänden.
Mehr als 120 Stunden Betreuung bzw. 451 Euro an Bundespflegegeld pro Monat stehen ihm in dieser Pflegestufe zu. Montag, Mittwoch und Freitag werden die Füße des ehemaligen Mechanikers neu verbunden, Essen bringt das Rote Kreuz täglich. „Ich schaue gerne fern. Alles mit Sport, das ist meins. So ein Tag ist ja lang.“ Ins Heim, zu seiner Frau – das kommt für ihn nicht infrage: „Ich trachte danach, zu Hause zu bleiben.“ Das langfristig zu bewerkstelligen, ist eine Herausforderung – denn so wie Herrn Lisy geht es vielen Pflegebedürftigen.
Derzeit sind rund fünf Prozent der Österreicher älter als 80, 2030 werden 636.000 (6,7 Prozent), 2050 über eine Million Menschen(11,1 Prozent) dieser Altersgruppe angehören – und damit geht ein steigender Bedarf an Pflegepersonal einher. „Wir brauchen ein Kraftpaket für Pflegekräfte“, sagt Caritas-Präsident Michael Landau und verweist auf eine aktuelle Wifo-Studie, der gemäß bis zum Jahr 2030 rund 24.000, bis 2050 gar 80.000 Pflegekräfte mehr gebraucht werden. Um die offenen Stellen mittel- wie langfristig besetzen zu können, appelliert Landau an die Bundesregierung – die 2019 zum Jahr der Pflege erklärt hat –, 2000 zusätzliche Ausbildungsplätze pro Jahr zu schaffen.
Der Caritas-Präsident plädiert zudem dafür, „berufsbegleitende Ausbildungen, mittlere und höhere Schulen für Pflegeberufe sowie die Pflege als Lehre zu ermöglichen.“ Der Hintergrund: Derzeit muss man in Österreich das 17. Lebensjahr vollendet haben, um die praktische Ausbildung zur Pflegeassistenz machen zu dürfen. In der Schweiz ist seit 2003 die Lehre zum „Fachmann/Fachfrau Gesundheit“ ab dem 15. Lebensjahr möglich. 5.000 Jugendliche wurden seither ausgebildet.
Jüngst sprach sich Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner für die Einführung einer Pflegelehre aus. Es sei ein Fehler, Heranwachsende beim Thema Pflege auszulassen. ÖVP-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck unterstützt Wallners Ansinnen, zumal es „viele Jugendliche gebe, die das wollen“.
Eine Million Über-80-Jährige
2050 wird laut Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts jeder zehnte Österreicher über 80 Jahre alt sein. Das entspricht 11,1 Prozent der Bevölkerung. 2017 waren 4,9 Prozent der Österreicher über 80. Den damit verbundenen Bedarf an Pflegekräften beziffern die Wifo-Experten wie folgt: Bis 2030 werden 24.000 zusätzliche Stellen im Pflegebereich
benötigt werden. Bis 2050 wird der Bedarf gar um 127 Prozent auf 80.000 Pflegekräfte steigen. Während der Mehrbedarf in Wien vergleichsweise gering ausfällt (+32 Prozent bis 2030)
wird er für Vorarlberg hoch geschätzt (+52 Prozent bis 2030).