"Beschuldigt" oder nicht? Blümels Anwalt ersucht WKStA um Auskunft
Von Daniela Kittner
Der Anwalt von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) um Auskunft ersucht, ob tatsächlich gegen den türkisen Spitzenpolitiker ermittelt wird. Der Rechtsbeistand habe bei der zuständigen Staatsanwaltschaft urgiert, wie der Status sei und ob der Finanzminister als Beschuldigter geführte werde. „Bisher haben wir keine Antwort erhalten“, sagte ein Sprecher von Blümel am Mittwochvormittag auf APA-Anfrage.
Zeitnahe Information wäre Pflicht
Wenn Blümel wirklich als Beschuldigter in den Ermittlungen zu Casinos Austria und Novomatic geführt wird, so muss dieser zeitnah darüber informiert werden. Das ist in den Beschuldigtenrechten in der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Eine öffentliche Bestätigung, dass gegen Blümel ermittelt wird, gibt es hingegen weiter nicht. Die WKStA gibt dazu keine Auskunft.
Laut StPO hat der Beschuldigte unter anderem das Recht, „vom Gegenstand des gegen ihn bestehenden Verdachts sowie über seine wesentlichen Rechte im Verfahren informiert zu werden“. In Paragraf 50 ist geregelt, dass der Beschuldigte „sobald wie möglich“ über die Ermittlungen gegen ihn zu informieren ist. Diese Rechtsbelehrung „darf nur so lange unterbleiben als besondere Umstände befürchten lassen, dass ansonsten der Zweck der Ermittlungen gefährdet wäre, insbesondere weil Ermittlungen oder Beweisaufnahmen durchzuführen sind, deren Erfolg voraussetzt, dass der Beschuldigte keine Kenntnis von den gegen ihn geführten Ermittlungen hat“, wie es in der Strafprozessordnung heißt.
Beschuldigtenliste aufgetaucht
Am Dienstag war eine Auflistung der Beschuldigten in der Causa Casinos aufgetaucht, der zufolge Blümel als inzwischen 20. Beschuldigter geführt wird. Laut „Dossier“ handelt es sich bei der Unterlage um einen Vorlagebericht der Gerichtsabteilung 316 des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 15. Jänner 2021. Blümel hat demnach Beschuldigtenstatus wegen des Verdachts der Verletzung des Paragrafen 153 (Untreue) oder 302 (Amtsmissbrauch) oder 304 (Bestechlichkeit) oder 307 (Bestechung).
Reaktionen auf unbekannte Vorwürfe
Zu den konkreten Vorwürfen ist nicht bekannts. Blümel sagt, es könne sich nur um falsche Vorwürfe handeln. Obwohl noch nicht einmal klar ist, ob Blümel tatsächlich "Beschuldigter" ist, und schon gar nicht bekannt ist, wesewegen, forderte die Opposition bereits den Rücktritt des Ministers.
Kern der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ist die Bestellung des FPÖ-Manns Peter Sidlo zum Casinos-Finanzvorstand und mögliche Absprachen im Hintergrund. Blümel war zu dieser Zeit der ÖVP-FPÖ-Koalition Kanzleramtsminister von Sebastian Kurz (ÖVP). Ermittelt wird unter anderem auch gegen Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann, Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) und ÖBAG-Chef Thomas Schmid. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.
Blümel wieder Thema im U-Ausschuss
Auch vor dem Start der Befragungen im Ibiza-Untersuchungsausschuss war Blümel wieder Thema. Aber auch ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl zeigt sich ratlos, weswegen Blümel nun genau beschuldigt ist. Bei Recherchen in den Unterlagen des Ausschusses sei man auf zwei Aktendeckel eines Landesgerichts gestoßen, ein älterer ohne, ein neuerer mit Blümel als Beschuldigten. „Alle Recherchen, um Näheres zu finden, waren erfolglos“, bedauerte Gerstl allerdings und: „Es gibt keine Informationen der Staatsanwaltschaft.“ Der ÖVP-Politiker wünscht sich daher nähere Informationen vonseiten der Ermittler, wie er sagte. Zu einem allfälligen Rücktritt Blümels, sollte gegen diesen tatsächlich ermittelt werden, wollte Gerstl nichts sagen. „Ich beteilige mich nicht an 'Was wäre wenn'.“
Grüne: "Muss was dran sein"
Wenig konkret äußerte sich auch die U-Ausschuss-Vertreterin des Koalitionspartners der ÖVP, Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli. Nur so viel: „Wenn man mit so einem Vorwurf konfrontiert wird, ist das immer unangenehm.“ Allerdings merkte sie an, dass schon „etwas dran sein“ müsse, wenn sich die Staatsanwaltschaft zu einem solchen Schritt entscheidet. „Ich nehme an, das wird aufgeklärt werden und ich hoffe, dann ohne Erinnerungslücken“, meinte Tomaselli in Hinblick auf die Aussagen Blümels im U-Ausschuss.
Neos sieht Unvereinbarkeit
Rücktrittsreif - sollte sich der Beschuldigtenstatus bestätigen - sehen weiterhin die Freiheitlichen Blümel als Finanzminister. FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker würde es jedenfalls nicht wundern, sollte dem so sein, wie er sagte. Das Finanzministerium sei ja bereits als „Black Box“ bekannt. SPÖ und NEOS finden, Beschuldigter und gleichzeitig als Finanzminister Aufseher und Eigentümervertreter der Casinos zu sein, gehe nicht.