Bablers Parteitagsrede: "Sozialdemokraten sind Träumer"
Von Michael Hammerl
Hat er die ambitionierten Claqeure oder ist es wirklich ein Stimmungsbild? Der Jubel im Linzer Design Center, beim SPÖ-Parteitag, ist jedenfalls etwas lauter geworden, als Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler die Bühne betritt – wie auch am Ende, als er sie wieder verlässt.
Und zwar im Vergleich zu seinem Vorredner Hans Peter Doskozil. Babler selbst bleibt dann ebenso fast durchgehend: laut – laut und schnell, eine Dreiviertelstunde unter Starkstrom.
Nur der Start fällt zurückhaltend aus, da legt Babler sogar seinen Traiskirchner Dialekt ab. Die Grabenkämpfe der vergangenen Wochen hätten der Sozialdemokratie "massiv“ geschadet, meint er. "In den letzten Wochen ist auch intern in den Gremien viel gesprochen worden, über Verletzungen und Verwundungen.“ Nun wolle er als neuer Parteivorsitzender einen aktiven Beitrag zur Vernetzung der Sozialdemokratie leisten.
"Wir sind das Gegenmodell"
Dann redet Babler wieder wie Babler: im Dialekt – und er wird schneller und schneller. Die Konzerne würden immer noch am längeren Hebel sitzen, für sie würden nicht dieselben Spielregeln gelten wie für die Arbeiterinnen und Arbeiter in Österreich.
"Es muss ganz klar sein, dass wir das Gegenmodell sind. Dass wir nicht weniger schlecht sind als das vorherrschende System, dass uns immer wieder zu Bittstellerinnen und Bittstellern macht, mit Einmalzahlungen, mit Almosen“, kritisiert Babler die Anti-Teuerungs-Politik der türkis-grünen Bundesregierung.
Er deponiert seine Botschaften im Stakkato: höhere Löhne, Arbeitszeitverkürzung, verpflichtende Lohntransparenz. Bei seiner Forderung nach einem Rechtsanspruch auf Pflege "bin ich sicher mit Hans Peter in den großen Punkten einig“.
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Kritik an Doskozils Asylkurs
Die klare Abgrenzung zum Burgenländer sucht Babler bei den Themen Asyl und Migration. Er spricht über sein Arbeit in Traiskirchen, wo es eines der größten Asylaufnahmezentren in Österreich gibt.
Dort habe die SPÖ mit einem solidarischen Asylkurs mehr als 70 Prozent erreicht – und die FPÖ sei einstellig. Und dann meint er in Richtung Doskozil, der eine rigidere Linie vertritt: "Alle die geglaubt haben, sie müssen nach rechts blinken, die haben den Haider und den Strache groß gemacht. Und jetzt machen sie den Kickl groß.“ Die „Dreckszäune“ entlang der Balkan-Route würde ohnehin die ÖVP besichtigen.
Ähnliche Tonalität beim Thema Arbeitsmigration: „Jeder, der jetzt hinausgeht aus dem Design Center und mit offenen Augen durchs Land fahrt, sieht, dass wir qualifizierte Migration brauchen“, meint Babler. „Wer wäscht das Drecksgeschirr? Wer sind die in der Reinigung? Wer sind die in der Schwerindustrie?“
Klimawandel? Superreiche!
Ein Thema, das Doskozil weitestgehend ausgespart hat: der Klimawandel – für Babler eine „knallharte Verteilungsfrage“. Eine SPÖ auf Höhe der Zeit müsse mit Wissenschaftlern und Aktivisten alles dafür tun, gegen die Erderwärmung anzukämpfen. Babler spricht von anstehenden sozialen „Kämpfen“, die unvermeidbar seien. Etwa um das Trinkwasser: "Ihr werdet ja nicht glauben, dass bei den Superreichen am Schluss nicht noch immer die Klimaanlage rennt und sie eiskalte Getränke aus dem Kühlschrank holen“, poltert Babler.
Nur kurz, beim Thema Kinderarmut, zügelt Babler das Tempo, senkt seine Stimme. Er spricht von Zuständen, „die wir keine Sekunde hinnehmen dürfen“. Rund 350.000 Kinder in Österreich seien armutsgefährdet. Und wenn er immer wieder von Genossinnen und Genossen höre, er sein ein Träumer, dazu meint Babler: „Wir sind also Träumer, wenn wir all das umsetzen, wenn wir Kinder aus der Armut führen, wenn wir über Arbeitszeitverkürzung oder gleiche Löhne für Frauen sprechen? Dann sag ich euch was: Träumer, das ist einfach ein anderes Wort für Sozialdemokratin oder Sozialdemokrat.“
Aus. Dadurch, dass er sich kaum Sprechpausen gönnt und immer wieder ins Klatschen seiner Anhänger hineinspricht, geht rund ein Drittel seines Referats im Lärm unter. Dafür hat Babler sein gesamtes Programm durchgepeitscht, brachial und dynamisch.
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