Offensive gegen die Klimakrise: Europas Präsidenten schreien auf
Von Bernhard Gaul
Bundespräsident Alexander Van der Bellen gräbt seine grünen Wurzeln aus. Erstmals seit seinem Einzug in die Hofburg setzt er eine ur-grünes Thema ganz oben auf seine Agenda: dem Klimaschutz zuliebe.
Er nutzt den Rahmen des österreichischen Rats-Vorsitzes für einen „emotionalen Appell“ gegen die Erderwärmung. Und er hat die Staatenlenker Europas gebeten, ihn zu unterstützen.
„Der Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Zeit. Unsere Generation ist die erste, die den rapiden Temperaturanstieg rund um den Globus wahrnimmt und wahrscheinlich die letzte Generation, die die bevorstehende Klimakrise effektiv bekämpfen kann“, heißt es in seiner „Initiative für mehr Ambition beim Klimaschutz“.
Van der Bellen zählt in seinem Appell in 15 konkreten Punkten auf, warum die Weltgemeinschaft bei der in neun Tagen startenden 24 UNO-Klimakonferenz im polnischen Kattowitz mehr Ehrgeiz bei der Reduktion der Treibhausgase braucht.
Der bisher gemessene, weltweite Temperaturanstieg sei beispiellos, die Klimakrise gehe alle an, heißt es weiter: „Die globale Erwärmung erschwert die Weltwirtschaft. Sie gefährdet unterschiedliche Sektoren wie die Land- und Forstwirtschaft, den Tourismus, die Energie- und Wasserreserven und zwangsläufig wird sie zu einer ernsthaften Bedrohung für den Frieden und die Stabilität für die ganze Welt.“
16 Staats- und Regierungschef in Europa haben sich Van der Bellens Initiative angeschlossen, darunter politische Schwergewichte wie der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der italienische Präsident Sergio Mattarella oder die Premierminister von Schweden, Stefan Löfven, und den Niederlanden, Mark Rutte. (siehe Bildergalerie unten)
Dass sich nicht alle Staatsoberhäupter dem Klimaschutz-Appell angeschlossen haben, stört den Bundespräsidenten nicht. „Es sind viel mehr, als wir erwartet haben. Und ein Problem sind zudem die Monarchien“, erklärt Van der Bellen schmunzelnd. „Die Könige und Herzoge sind laut ihren Verfassungen bei den innenpolitischen und außenpolitischen Angelegenheiten sehr beschränkt.“
Konferenz in Kattowitz
Van der Bellen wird auf Einladung des polnischen Staatspräsidenten Andrzej Duda gemeinsam mit zahlreichen Amtskollegen an der Eröffnung der Klimakonferenz in Kattowitz teilnehmen.
„Bei der Klimakonferenz wird sich alles um genau dieses Thema drehen, dass wir mehr Ambitionen beim Klimaschutz brauchen“, erklärt der Enkel der Grünen-Ikone Freda Meissner-Blau, Adam Pawloff, der als Klimaexperte bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace tätig ist. „Mit den bisherigen Klimaschutz-Zusagen der Staaten steuern wir auf eine Erderwärmung jenseits von 3°Celsius zu. Damit verfehlen wir klar die Ziele, zu denen sich die Staatengemeinschaft beim Klimagipfel von Paris 2015 verpflichtet hat.“ Dort sei vereinbart worden, dass die Erwärmung „deutlich unter 2 °C“ bleiben müsse, eine Erwärmung von maximal 1,5 °C wird im Schlussdokument angestrebt.
Europa müsse beim Klimaschutz Vorreiter bleiben – „dann werden auch große Staaten wie China mitziehen“, ist sich Pawloff sicher.
Und Östereichs Klimaschutz?
Wie sieht der Bundespräsident - der langjährige Chef der Grünen Partei - Österreichs Performance beim Klimaschutz? Schließlich sind die Treibhausgas-Emissionen zuletzt gestiegen, nicht gesunken.
"Steigende Emissionen sind schlecht, sehr schlecht", grübelt Van der Bellen. "Aber seit dem Frühjahr gibt es eine Klimastrategie, und ich bin zuversichtlich, dass diese auch umgesetzt wird. Ich glaube schon, dass sich Ministerin Elisabeth Köstinger dieser Problematik bewusst ist."