Absage an Kurz-ÖVP, aber Ja zu einer Doskozil-SPÖ: Orientiert sich FPÖ neu?
Von Daniela Kittner
Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger spricht sich strikt gegen eine Neuauflage einer türkis-blauen Koalition nach der nächsten Nationalratswahl aus. Gleichzeitig bringt er eine andere Machtoption in Spiel: eine Koalition mit der SPÖ unter einem Vorsitzenden Doskozil. „Mit Doskozil wäre durchaus eine Möglichkeit gegeben“, so Abwerzger. Mit der derzeitigen Parteiführung rund um Pamela Rendi-Wagner würde es für eine „echte Koalition“ hingegen wohl nicht reichen. Bei der SPÖ handle es sich derzeit um eine „gespaltene Partei“, erklärt der Tiroler FPÖ-Chef im APA-Sommerinterview unter Anspielung auf die immer wiederkehrenden Konflikte zwischen Rendi-Wagner und Doskozil.
"Von Infantilen regiert"
Eine erneute Zusammenarbeit mit der „türkisen Schnöseltruppe“ um Bundeskanzler Sebastian Kurz sei jedenfalls ein „absolutes No-Go“, das sei „nicht einmal in meinen kühnsten Träumen vorstellbar“, sagt Abwerzger. Er gehe davon aus, dass dies auch die Mehrheitsmeinung innerhalb der freiheitlichen Partei sei: „Es kann keine Zusammenarbeit mehr mit der Kurz-ÖVP geben.“ Allein was sich da „an Grauslichkeiten in den Chats“ aufgetan habe, reiche schon, um eine solche Option auszuschließen, meint Abwerzger: „Man hat ja geglaubt, wir werden von Infantilen regiert. So wie ich schreibe, denke ich auch.“
"Bündnisse in Sachfragen"
Auch der von FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl zuletzt immer wieder ventilierte Kooperation mit SPÖ, Grünen und NEOS kann der FPÖ-Landesparteiobmann etwas abgewinnen. Nicht Koalitionen, aber „Bündnisse in Sachfragen“ hält er für durchaus möglich. Man sollte zudem nicht immer nur in Koalitionen denken, sondern auch die Möglichkeit des koalitionsfreien Raumes in Betracht ziehen - dies gelte sowohl für die Bundesebene, als auch für die Tiroler Landesebene.
Die FPÖ-Bundespartei sieht Abwerzger nach dem nicht ohne Konflikte über die Bühne gegangenen Machtwechsel von Norbert Hofer zu Herbert Kickl auf einem guten Weg: „Die inhaltliche Neuausrichtung ist passiert. Der Mut zur Freiheit und zum Kampf für die Grund- und Freiheitsrechte - das ist mittlerweile ein Alleinstellungsmerkmal der FPÖ in Corona-Zeiten. Herbert Kickl hat zudem eine angeborene Autorität und führt durch Zulassen.“
Hofer wieder für Hofburg
Den Ex-Parteichef und Dritten Nationalratspräsidenten Hofer sieht der Tiroler FPÖ-Chef weiter als wichtigen Spieler in der Partei. Er spricht sich erneut für Hofer als blauen Kandidaten für die Hofburg bei der Wahl im nächsten Jahr aus: „Ich bin dafür. Er ist natürlich der optimale Kandidat. Ich glaube, dass er noch ein bisschen schwankt, ob er wieder antritt.“ Die Frage könne aber auch noch zu Beginn des kommenden Jahres entschieden werden, ortet Abwerzger keine Notwendigkeit zur Eile.
"Koalition gegen die ÖVP in Tirol"
Für Tirol schließt der in Opposition befindliche Abwerzger eine mögliche Koalition mit der ÖVP unter Landeshauptmann Günther Platter nach der Landtagswahl im Jahr 2023 aus: „Platter ist keine Option für die FPÖ. Eine Koalition mit Platter wird es unter mir nicht geben. Der Landeshauptmann ist amtsmüde, und er hat nicht den Willen, tatsächliche Reformen voranzutreiben. Ich will das 'System ÖVP' in Tirol ändern.“ Letzteres könne man nur aus einer Position der Stärke - sprich bei einem Wahlergebnis über 20 Prozent. Im Jahr 2018 waren die Freiheitlichen in Tirol bei 15,53 Prozent der Stimmen gelandet. Unter 20 Prozent sehe er „keinen Auftrag“ für eine nachhaltige Regierungsbeteiligung und laufe man wie die Landes-Grünen Gefahr, sich gegen die ÖVP in der Regierung nicht durchzusetzen. Der ÖVP würde es in Tirol „gut tun“, nach der Wahl einmal in Opposition aufzuwachen. Eine Koalition gegen die ÖVP zu schmieden sei zwar sehr schwierig, aber es wäre zumindest einmal eine „Ansage“ und „denkbar“.
Causa Waldhäusl: Kickl-Linie "unterwerfen"
Abwerzger hatte den Rücktritt des niederösterreichischen Landesrats Waldhäusl gefordert, weil dieser wegen Amtsmissbrauchs angeklagt ist. FPÖ-Chef Kickl hat sich dieser Rücktrittsforderung aber nicht angeschlossen, sondern lediglich eine "Sprachregelung" angekündigt. Abwerzger hofft nun, dass es zu einer Sprachregelung komme, "egal in welche Richtung. Dieser würde ich mich dann auch unterwerfen“. Es brauche eine klare Linie.
Er selbst hat seine Meinung inzwischen nicht geändert: „Ich bleibe bei meinen politischen Aussagen. Dazu stehe ich weiterhin. Das war meine persönliche Meinung, dass eine Anklage sich mit einem öffentlichen Amt nicht vereinbaren lässt.“ Aber auch die andere Sichtweise - nämlich jene, dass Waldhäusl nicht abtreten soll - habe „etwas für sich“. Man könne dies auch mit einem sonstigen „Bruch der Unschuldsvermutung“ vor Prozess bzw. Rechtskraft argumentieren. So werde ein Politiker gleich behandelt wie jeder andere Bürger.
Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hatte gegen Waldhäusl in der Affäre um ein mit Stacheldraht abgezäuntes Asylquartier in Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) Anklage erhoben. Auch eine Beamtin war davon betroffen. Beiden wird Amtsmissbrauch vorgeworfen.
Straftatbestand illegaler Aufenthalt
Beim Asylrecht fordert Abwerzger die Einführung des Straftatbestandes des illegalen Aufenthalts mit einer Strafdrohung von bis zu drei Jahren. Diesen Tatbestand gebe es auch in anderen Ländern. Er sollte, meint der Tiroler Freiheitliche, aber nur für jene Asylwerber gelten, die bereits einmal straffällig wurden und dann der Aufforderung zur Ausreise nicht nachkamen und aufgegriffen wurden. Der FPÖ-Chef zeigt sich überzeugt, dass angesichts des neuen Straftatbestandes vermehrt Nicht-Asylberechtigte der Aufforderung zum Verlassen des Landes nachkommen würden. Zudem fordert Abwerzger bei der Einreise eine verpflichtende Altersbestimmung von „behaupteten unbegleiteten Minderjährigen“ durch eine Handwurzelknochenuntersuchung.