"Zwangsverhütung für Unterschicht": Johnson-Berater muss gehen
Gerade erst zu Boris Johnsons Berater befördert, ist Andrew Sabisky seinen Job beim britischen Premier bereits wieder los. Grund sind mehrere vor kurzem bekannt gewordene Internet-Kommentare, in denen der 27-Jährige u. a. eine verpflichtende Verhütung ab der Pubertät vorschlug, um der Entstehung einer "permanenten Unterschicht" entgegenzuwirken.
Nach Medienberichten über Sabiskys krude Ansichten und nach Rücktrittsforderungen seitens der Opposition und Teilen der Konservativen erklärte der Berater am Montag seinen Rücktritt - allerdings ohne Reue zu zeigen. „Die Medien-Hysterie um meine alten Online-Sachen ist verrückt“, twitterte er. Es mache keinen Sinn, wenn er nicht richtig arbeiten könne, weshalb er nun gehe. Den Medien warf Sabisky selektives Zitieren vor.
"Spinner und Eigenbrötler"
Sabisky war eingestellt worden, nachdem Johnsons Chefberater Dominic Cummings "Spinner und Eigenbrötler mit sonderbaren Fähigkeiten" aufgerufen hatte, sich um Regierungsposten zu bewerben. Cummings gilt als genialer, aber auch unberechenbarer Kopf hinter dem überwältigenden Erfolg Johnsons bei der Parlamentswahl im Dezember und dem Brexit-Votum 2016.
Rassismus und Frauenhass
Aus Sicht von Sabiskys Kritikern laufen dessen Aussagen über Zwangsverhütung auf eine Unterstützung der sogenannten Rassenhygiene hinaus. Dabei soll eine vermeintliche genetische Optimierung dadurch erreicht werden, dass sich nur noch ausgewählte Menschen fortpflanzen.
Sabisky legte laut Süddeutscher Zeitung außerdem nahe, schwarze US-Amerikaner hätten häufiger einen niedrigen Intelligenzquotienten als weiße Amerikaner. Auf Twitter schrieb er der Zeitung Mail on Sunday zufolge, Frauensport sei eher vergleichbar mit den Paralympics als mit Männersport. Am Dienstagvormittag war sein Account nicht mehr aufrufbar.
Boris Johnson kommentierte Sabiskys Rücktritt zunächst nicht. Es darf allerdings bezweifelt werden, dass die Affäre dem Premier nachhaltig schaden wird - immerhin neigt er selbst zu deftigen Aussagen.
BBC und Brexit
Zuletzt sorgte der streitbare Regierungschef mit seinen Plänen, der öffentlich-rechtlichen BBC die Gebührenfinanzierung zu entziehen, für Aufsehen. Ansonsten ordnet er derzeit alles seinem großen Ziel unter, Großbritannien nach dem Ausstieg aus der EU am 31. Jänner endgültig "unabhängig" zu machen. Dafür bildete Johnson vor kurzem sein Kabinett um.
Ab Anfang März verhandeln die Briten und die EU über ein dauerhaftes Handels- und Partnerschaftsabkommen, das die Beziehungen nach dem Ende der Übergangsfrist Ende Dezember regeln soll. Scheitert das Vorhaben, gibt es doch noch einen harten Bruch zulasten von Unternehmen und Bürgern.
Die EU bietet London ein Freihandelsabkommen ohne Zölle und Mengenbeschränkungen für britische Waren im Binnenmarkt an. Sie verlangt aber dafür verbindliche Regeln für einen fairen Wettbewerb.