Weidenholzer über Irak: "Viele denken immer noch an Flucht"
KURIER: Herr Abgeordneter, was ist Ihr Befund Ihrer Reise nach Irak-Kurdistan?
Josef Weidenholzer: Ich sehe keine Verbesserung, die humanitäre und rechtliche Situation ist Besorgnis erregend.
Was müsste getan werden?
Es braucht ordentliche Gerichte. Die Massengräber müssen exhumiert, die Täter bestraft werden. Wichtig wäre auch, einen Prozess der Versöhnung einzuleiten.
Soll es mehr humanitäre Projekte der EU-Staaten geben?
Es gibt gute Beispiele: So haben Baden Württemberg und Kanada erfolgreich Therapie- und Integrationsprogramme für jesidischen Frauen gestartet. Im EU-Parlament haben wir vor zwei Jahren die jesidische Freundschaftsgruppe gegründet. Das Parlament hat dazu beigetragen, dass die Lage der Jesiden international bekannt wurde. Bundeskanzler Kurz und Außenministerin Kneissl könnten jederzeit ein Hilfsprogramm starten. Das wäre ein Zeichen, Opfern von radikal islamistischen Terrorgruppen zu helfen. Bis heute ist der IS nicht besiegt. Österreich ist auch säumig bei Zahlungen an den UNHCR.
Was braucht es, um Menschen zu überzeugen, nicht nach Europa zu fliehen?
Die Rolle der Türkei ist sehr bedenklich. Jesiden und andere Minderheiten haben ein Recht auf die Gebiete, in denen sie seit Jahrhunderten leben. Da braucht es Selbstverwaltung und Selbstbestimmung, damit die Menschen in ihre Gebiete zurückkehren. Viele denken immer noch an Flucht.
Zur Person
Josef Weidenholzer (68) war Sozialexperte an der Uni Linz und ist seit 2011 im EU-Parlament. Menschenrechte, Asyl, Migration und Rechtsstaatlichkeit sind die Themen, für die Weidenholzer in der SPE-Fraktion zuständig ist.