US-Midterm-Wahlen: Ringen um Mehrheit könnte in Verlängerung gehen
Nach dem Ausbleiben der "roten Welle" bei den US-Zwischenwahlen deutet sich ein langes Ringen um die künftigen Mehrheitsverhältnisse im Kongress an.
Im Abgeordnetenhaus haben weiterhin die Republikaner die besten Karten, doch war das Rennen in mehreren offenen Wahlkreisen knapp. Eine Prognose des US-Senders NBC sah die Oppositionspartei mit 220 zu 215 Sitzen vorne.
Im Senat dürfte die Entscheidung wohl erst am 6. Dezember fallen, wenn in Georgia eine Stichwahl stattfindet.
Abgeordnetenhaus
Alle 435 Sitze in der größeren Parlamentskammer wurden am Dienstag neu gewählt. Die Demokraten hatten bisher eine Mehrheit von 222 zu 213 Sitzen.
Wegen knapper Wahlausgänge war das Rennen in 40 Wahlkreisen noch offen. Nach Angaben des US-Senders ABC hatten die Republikaner 207 Sitze sicher, die Demokraten 188. Die Statistikseite "Fivethirtyeight" geht davon aus, dass es die Oppositionspartei nach Auszählung aller Wahlkreise über die magische Zahl von 218 Sitzen schaffen wird.
Der Fokus lag dabei auf Wahlkreisen in New York, Arizona und Kalifornien. Die Demokraten müssten drei Viertel dieser Wahlkreise gewinnen, um die Republikaner noch abzufangen.
Senat
Bisher stand es in der kleineren Parlamentskammer 50 zu 50, wobei die demokratische Vizepräsidentin Kamala Harris als Senatsvorsitzende bei Abstimmungen den Ausschlag gab.
Weil die Senatoren eine Amtszeit von sechs Jahren haben, wird bei jeder Wahl nur jeweils ein Drittel der Sitze neu besetzt. 31 der 35 Senatswahlen vom Dienstag waren in der Nacht auf Mittwoch (Ortszeit) bereits entschieden.
Mit der Eroberung des bisher republikanisch gehaltenen Sitzes in Pennsylvania konnten die Demokraten ihre Position absichern. Da es 48 zu 48 stand, müssten die Republikaner drei der vier verbliebenen Rennen gewinnen, um die Machtverhältnisse zu drehen.
In Arizona war der demokratische Amtsinhaber Mark Kelly in Führung (52,1 zu 45,8 Prozent, 67 Prozent ausgezählt), in Nevada der republikanische Herausforderer Adam Laxalt (49,9 zu 47,2 Prozent, 80 Prozent ausgezählt), in Wisconsin der republikanische Amtsinhaber Ron Jonson (50,5 zu 49,3 Prozent, 94 Prozent ausgezählt).
Sollten sich diese Ergebnisse bestätigen, läuft es wie schon bei der letzten Senatswahl im Jahr 2020 auf ein Entscheidungsrennen im Südstaat Georgia hinaus. Dort führte der damals gewählte demokratische Senator Raphael Warnock zwar, doch dürfte er fast sicher die nötige absolute Mehrheit verfehlen.
Nach Auszählung von 96 Prozent der Stimmen hatte er 49,2 Prozent auf seinem Konto. Bestätigt sich dieses Ergebnis, wird am 6. Dezember eine Stichwahl zwischen ihm und dem Republikaner Herschel Walker notwendig sein.
Keine Unruhen
Auch die von vielen befürchteten Ausschreitungen fanden nicht statt. Die Wahl lief bundesweit weitgehend friedlich und ohne Störungen ab. Lediglich im Bundesstaat Arizona, in dem mehrere knappe Rennen anstanden, gab es in einem Bezirk Probleme mit Wahlmaschinen. In Louisiana ging eine Bombendrohung ein, in einem Kreis in Pennsylvania ging das Papier aus.
Darauf stürzten sich gleich mehrere Trump-Verbündete und deklarierte Anhänger der Wahlfälschungs-Theorie von 2020. So auch die von Trump favorisierte Kandidatin für den Gouverneurs-Posten Kari Lake. Ein erster Versuch, vor Gericht die Wahl zu stoppen, wurde aber sofort abgelehnt.
In Pennsylvania führt der Demokrat John Fetterman mit 49,4 zu 48,1 Prozent vor dem Republikaner Mehmet Oz: Ein Trump-Schützling. Mehrere Medien ernannten Fetterman bereits zum Sieger, was den Demokraten im Rennen um die Mehrheit im Senat deutlich den Rücken stärkt.
Fetterman erklärte sich umgehend zum Sieger des Rennen. "Es ist offiziell. Ich werde der nächste Senator für Pennsylvania sein", twitterte der bisherige Vizegouverneur des Ostküstenstaates, aus dem US-Präsident Joseph R. Biden stammt. Der TV-Arzt Oz war von Ex-Präsident Donald Trump unterstützt worden.
Die Republikaner müssten nun zwei der drei umkämpften Senatsrennen in Arizona, Nevada und Georgia für sich entscheiden und ihren wackelnden Sitz in Wisconsin halten, um den Demokraten die Mehrheit in der wichtigeren US-Parlamentskammer abzujagen.
Pelosi wiedergewählt
Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hat ihr Abgeordnetenmandat verteidigt. Der Sender CNN und die Nachrichtenagentur AP erklärten die 82-jährige Demokratin in der Nacht zum Mittwoch zur Siegerin der Abstimmung in ihrem Wahlkreis im US-Bundesstaat Kalifornien. Sie hatte 2018 zum vierten Mal den Vorsitz im Repräsentantenhaus übernommen. Im Parlament vertritt sie ihren Wahlkreis schon seit 1987.
Inflation spielt Republikanern in die Karten
Den Republikanern spielten vor allem die rasant gestiegenen Preise etwa für Benzin und Lebensmittel in die Karten. Daran ändert auch nichts, dass der US-Arbeitsmarkt so robust wie seit langem nicht mehr ist. Seit Monaten steckt US-Präsident Joe Biden im Umfragetief, viele Wähler geben ihm die Schuld für die hohe Inflation.
Da die Midterms zur Hälfte der Amtszeit eines Präsidenten traditionell oft ein Referendum über dessen Arbeit sind, befürchteten viele demokratische Kandidaten, stellvertretend für Biden einen Denkzettel zu bekommen. Dieser hatte aber die Zwischenwahl als Votum für die Verteidigung der Demokratie ausgerufen.
Trump droht Florida-Sieger
Bei den Gouverneurswahlen setzte sich in Florida der national bekannte 44-jährige Amtsinhaber DeSantis gegen seinen demokratischen Kontrahenten Charlie Crist durch. Dies galt als gutes Zeichen für die Partei, weil die Stimmen in dem bevölkerungsreichen Bundesstaat im Südosten des Landes normalerweise deutlich stärker für die Demokraten abgegeben werden.
In zwei Bundesstaaten an der Ostküste gelang es den Demokraten die Gouverneursämter von den Republikanern zurückzuerobern. In Massachusetts setzte sich die Generalstaatsanwältin Maura Healey.
Ex-Präsident Trump meldete sich am Wahltag gleich mehrfach zu Wort. So drohte er DeSantis mit unangenehmen Enthüllungen, falls dieser 2024 ins Rennen ums Weiße Haus gehen sollte. Er könne über DeSantis "Dinge erzählen, die nicht besonders schmeichelhaft sind", sagte er im US-Fernsehen.
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Referenden
In mehreren Bundesstaaten wurde im Zuge der Midterms auch über das Recht auf Abtreibung abgestimmt. In Vermont hat sich eine große Mehrheit dafür ausgesprochen, das Recht auf Abtreibung in die Verfassung des Bundesstaats aufzunehmen. In Kalifornien, Michigan und Kentucky sind die Ergebnisse dieser Abstimmungen noch ausstehend.
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