Politik/Ausland

Debatte in Bundestag: Migrationspakt erhitzt weiter die Gemüter

Am Donnerstag debattierte der deutsche Bundestag in Berlin über den "Globalen Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration", kurz: UN-Migrationspakt. Eine Debatte, die laut manchen Stimmen in der Unionsfraktion von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu spät geführt wurde, wie in der vorbereitenden Fraktionssitzung am Dienstag kritisch angemerkt wurde. Dadurch habe man der rechten "Alternative für Deutschland" (AfD) das Feld überlassen.

Die AfD fährt seit Tagen eine massive Kampagne gegen den Migrationspakt. Sowohl in sozialen Netzwerken, als auch auf einer eigenen Website wird massiv gegen das Abkommen Stimmung gemacht.

Zum Teil mit denselben Befürchtungen, auf die sich auch die türkis-blaue Bundesregierung in ihrer Ablehnung des Pakts beruft, wie jener, die nationale Souveränität werde durch das - freilich explizit nicht rechtsverbindliche - Abkommen untergraben. Zum Teil aber auch mit kruden, in rechtsextremen Kreisen beliebten, Verschwörungstheorien von einem "interkontinentalen Bevölkerungsaustausch", der durch den Pakt in Gang gesetzt werden solle.

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"Migration aktiv steuern und ordnen"

Die Union und ihr Koalitionspartner SPD, aber auch die anderen im Bundestag vertretenen Fraktionen - FDP, Grüne und Linke - unterstützen den Migrationspakt hingegen. "Wir können nicht einfach die Augen vor der Tatsache Migration verschließen und so tun, als gäbe es das schlicht nicht. Was wir wollen, ist reguläre Migration aktiv steuern und ordnen", sagte etwa SPD-Außenminister Heiko Maas.

 

 

Zwar gibt es auch in der CDU einige rechtsgerichtete Abgeordnete, die Zweifel an dem Pakt angemeldet haben, an der deutschen Unterschrift unter den Migrationspakt bei der UNO-Konferenz am 10. und 11. Dezember in Marrakesch (Marokko) besteht jedoch kein Zweifel - das zeigte auch die Bundestags-Debatte.

Drittel der Deutschen gegen Migrationspakt

In weitesten Teilen arbeiteten sich die Abgeordneten an den AfD-Rednern ab, einzelne Mandatare wie Joachim Stamp von der FDP, aber auch die Linke sprachen sich jedoch zusätzlich für ein modernes Einwanderungsgesetz aus.

Die Bevölkerung ist freilich gespaltener als die Politik. Eine aktuelle Umfrage des Magazins Cicero ergibt, dass etwa ein Drittel der Deutschen den Pakt befürwortet, ein weiteres Drittel ihn ablehnt und das dritte Drittel das nicht beurteilen kann oder will.

Wer tritt noch aus?

Die Debatte ist also nicht nur in Deutschland noch lange nicht abgeschlossen. Auch in weiteren europäischen Ländern wird die Frage, wie mit Migration umgegangen werden soll, im verbleibenden Monat bis zur UNO-Konferenz noch intensiv diskutiert werden.

Wie etwa in der Schweiz. Die rechtskonservative Schweizer Volkspartei fordert einen Rückzug aus dem Migrationspakt, die Sozialdemokraten befürchten hingegen, sich "international zum Gespött" zu machen, sollte man die Unterschrift verweigern. Außenminister Ignazio Cassis von der FDP meinte nun letzte Woche, auch eine spätere Unterschrift als in Marrakesch wäre denkbar.

Diskutiert wird auch in Slowenien. Außenminister Miro Cerar sprach sich zwar in der Vergangenheit für den Migrationspakt aus, bestätigte aber am Mittwoch, dass auch in Ljubljana noch darüber diskutiert wird. Einerseits wegen des Ausstiegs Österreichs und Ungarns, andererseits aber auch aufgrund des steigenden Drucks der konservativen Opposition. In Slowenien regiert seit kurzem eine Mitte-Links-Minderheitsregierung unter Premier Marjan Sarec, der bereits angekündigt hat, dem Marrakesch-Gipfel fernbleiben zu wollen.

Ungarn hatte sich bereits im Juli als weltweit zweites Land - nach den USA - aus dem Migrationspakt zurückgezogen. Das Dokument sei "extremistisch, voreingenommen, ein Förderer von Migration" und diese sei "schlecht und schädlich", sagte Peter Szijjarto, Außenminister im Kabinett des rechtspopulistischen Premiers Viktor Orban.

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In Polen ist noch keine endgültige Entscheidung gefallen, Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hatte aber zu Beginn der Woche - ausgerechnet auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Angela Merkel - angekündigt, wohl nicht unterschreiben zu wollen.

Auch in Tschechien hat sich Ministerpräsident Andrej Babis von der populistischen Partei ANO gegen das Abkommen ausgesprochen, liegt hier allerdings im Clinch mit seinem Koalitionspartner, der sozialdemokratischen CSSD. Bis 14. November will sich die Regierung diesbezüglich auf eine Linie einigen.

In Kroatien zog hingegen Staatspräsidentin Kolinda Grabar Kitarovic ihre Ankündigung, zur Marrakesch-Konferenz zu reisen, vor kurzem zurück. Für die kroatische Regierung sei das Dokument jedoch in keinem Punkt umstritten, sagte Außenministerin Marija Pejcinovic Buric daraufhin.

Und schließlich sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz vergangenen Monat, auch Dänemark stehe dem Migrationspakt skeptisch gegenüber. Die dänische Regierung hat sich jedoch bislang ebensowenig geäußert wie Italiens Außenminister Matteo Salvini von der rechten Lega. Rechte Pakt-Gegner setzen schon seit längerem auf ein "No" aus Rom, wurden bisher aber enttäuscht.

International hat außer den USA auch Australien bereits sein Nein zum Migrationspakt deponiert, in Japan ist die Entscheidung noch nicht gefallen.