Mehr als 22 Jahre Haft für den Mord an George Floyd
Von Dirk Hautkapp
13 Monate nachdem George Floyd in Minneapolis durch das Knie eines Polizisten auf seinem Genick tödlich die Luft abgeschnürt wurde, atmet ein großer Teil Amerikas tief durch: Der weiße Ex-Polizist Derek Chauvin muss für über 22 Jahre ins Gefängnis. Das gab Richter Peter Cahill am Freitag in Minneapolis bekannt.
Zuvor hatten zwei Brüder Floyds teil unter Tränen die denkbar härteste Strafe für Chauvin gefordert. Dessen Mutter verwahrte sich mit zittriger Stimme gegen den Vorwurf, ihr Sohn sei ein Rassist. Chauvin selbst sprach der Floyd-Familie kurz sein Beileid aus, entschuldigte sich aber nicht und zeigte auch keine Reue.
Chauvin hatte den Afro-Amerikaner, der in einem Supermarkt mit einer gefälschten 20-Dollar-Note Zigaretten gekauft haben soll, im Laufe der Festnahme neuneinhalb Minuten mit seinem Knie am Boden fixiert. Obwohl Floyd mehrfach „Ich kann nicht atmen” rief ("I can't breathe”). Als der Notarzt eintraf, hatte Floyd keinen Puls mehr.
Mehr als üblich
Der Richter bewegt sich mit dem Strafmaß außerhalb des Spektrums der in Minnesota gültigen Strafmaß-Richtlinien. Sie sehen bei Erst-Tätern im schwerwiegendsten Delikt-Fall (Mord zweiten Grades) nicht die Maximalstrafe von 40 Jahren vor - sondern zwölfeinhalb. Da der Richter strafverschärfend Chauvin „besondere Grausamkeit" attestierte, lag ein härteres Strafmaß in der Luft. Cahill legte eine 22-seitige Urteilsbegründung vor.
Chauvin (45) war im April in einem hoch emotionalen Prozess von einer Geschworenen-Jury in drei Anklagepunkten (Mord zweiten Grades ohne Vorsatz, Mord dritten Grades. Totschlag zweiten Grades) schuldig gesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte 30 Jahre Haft für den Ex-Cop geordert. Chauvins Verteidiger Eric Nelson verlangte eine Bewährungsstrafe. Er behauptete, George Floyd sei an den Folgen von Drogenkonsum gestorben. Nelson beantragte eine Neu-Auflage des Prozesses. Richter Cahill verwarf das Begehren kurz vor der Verkündung des Strafmaßes.
Noch nicht vorbei
Wenn das Urteil rechtskräftig ist, wird Chauvin zwei Drittel seiner Strafe hinter Gittern absitzen. Der Rest wird unter Aufsicht als Bewährungsstrafe in Freiheit absolviert.
Wahrscheinlich wird die Verteidigung in Berufung gehen. Außerdem geht das Justizministerium in einer gesonderten Klage gegen Chauvin wegen der Verletzung von Bürgerrechten vor. Drei an der Festnahme Floyds beteiligt gewesene Polizisten müssen sich 2022 wegen Beihilfe verantworten.