Selenskyj: Krieg endet erst nach Rückholung aller Gebiete
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hält eine Beendigung des Krieges mit Russland erst nach einer Rückholung aller besetzten ukrainischen Territorien für möglich. "Wenn wir alles zurückholen, was uns gehört, dann beenden wir den Krieg", sagte der Präsident am Mittwoch im Gespräch mit französischen Studenten. "Wir wollen den Frieden in unserem Staat", unterstrich der 44-Jährige dabei.
Krim seit 2014 besetzt
Russland hat die Ukraine Ende Februar angegriffen und im Osten und Süden des Landes größere Gebiete besetzt. 2014 hatte sich Russland bereits die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim einverleibt und verhalt Separatisten zur Macht in Teilen der Regionen Donezk und Luhansk. Die Unabhängigkeit der sich "Volksrepubliken" nennenden Pseudostaaten hatte Moskau unmittelbar vor Kriegsbeginn anerkannt.
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte den Angriffskrieg auch damit begründet, dass die Ukraine plane, sich die Krim mit militärischer Gewalt zurückzuholen. Ein entsprechender Versuch habe kurz bevor bestanden, hatte Putin am Montag bei der Militärparade auf dem Roten Platz gesagt, ohne Beweise zu präsentieren. Eine Rückgabe der Krim hat Russland stets kategorisch ausgeschlossen.
Telefonat mit Scholz
Selenskyj hat am Mittwoch auch von einem Gespräch mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz berichtet. Dabei seien Unterstützung bei der Verteidigung, eine Zusammenarbeit auf dem Energiesektor und eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland besprochen worden, erklärte Selenskyj auf Twitter. "Wir schätzen das hohe Niveau des Dialogs mit Deutschland und die Unterstützung in unserem Kampf", schrieb der ukrainische Präsident.
Aus Berlin hieß es, Scholz habe sich über den Verhandlungsprozess zwischen der Ukraine und Russland und die aktuelle Lage informiert. Laut Regierungssprecher Steffen Hebestreit betonte der Kanzler in dem Gespräch, dass Russland aufgerufen bleibe, die Kampfhandlungen in der Ukraine unmittelbar zu beenden, die Truppen aus der Ukraine zurückzuziehen und damit die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine wiederherzustellen. Die beiden Politiker tauschten sich demnach auch über "ganz konkrete, praktische Möglichkeiten der weiteren Unterstützung der Ukraine aus und verabredeten, weiterhin eng in Kontakt zu bleiben".
Das Telefonat kommt einen Tag nach dem Besuch der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock in Kiew. Nachdem schon zahlreiche Staats- und Regierungschefs die Ukraine besucht hatten, war Baerbock als erste hochrangige deutsche Regierungsvertreterin zu Besuch. Bei ihrer Visite eröffnete Baerbock auch die deutsche Botschaft in Kiew neuerlich. Die Grün-Politikerin steht im Ruf, die stärkste Unterstützerin der Ukraine innerhalb der deutschen Regierung zu sein.
Deutschland unterstützt die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland, doch drängt Kiew seit Monaten auf entschlossenere Beiträge Berlins zu seiner Verteidigung. Für Verstimmung zwischen den beiden Ländern hatte Anfang April ein Eklat um den deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier gesorgt. Dieser machte seine Ausladung durch die ukrainische Regierung öffentlich, die daraufhin Scholz einlud. Dieser sagte jedoch, dass die Ausladung Steinmeiers einer Visite entgegenstehe. Erst ein Telefonat Steinmeiers mit Selenskyj machte den Weg frei für den Besuch Baerbocks.