Politik/Ausland

Salvini, der Meinungsführer: Lega siegt, Fünf Sterne sacken ab

„In Italien ändert sich nichts, in Europa ändert sich alles“, erklärte Innenminister Matteo Salvini bei seiner Stimmabgabe am Sonntag in einem Mailänder Wahllokal. Erste Hochrechnungen bestätigen dann den Sieg der ultrarechten Lega von Salvini als stärkste Kraft – mit zwischen 27 und 31 Prozent der Stimmen (2014 hatte die Lega sechs Prozent). Umfragen hatten der Lega aber einen klareren Sieg mit weit über 30 Prozent vorhergesagt.

Überraschend gut lief es aber auch für die Demokratische Partei mit ihrem neuen Vorsitzenden Nicola Zingaretti  – sie konnten die Fünf Sterne überholen und auf dem zweiten Platz landen.

Die linkspopulistischen Fünf Sterne dagegen mussten wie  prognostiziert eine schwere Niederlage einstecken.   Silvio Berlusconis Forza Italia brachte es auf knappe 10 Prozent. Die Wahllokale in Italien schlossen erst um 23 Uhr.  51 Millionen Italiener waren zum Urnengang aufgerufen. Die älteste Wählerin war die 107-jährige Signora Luisa aus  Umbrien.

Über Wochen war Lega-Chef Salvini quer durch das Land getourt. Von Nord bis Süd, von der Küste bis in die Berge: Kein Dorf war für einen Auftritt zu klein. In Fernsehen und Internet war der Rechtspopulist omnipräsent. In Talkshows trat er dreimal häufiger auf, als sein Koalitionspartner, der sein Konkurrent bei der EU-Wahl war: Fünf Sterne-Vize-Premier Luigi Di Maio.

Salvini konnte mit Slogans gegen die strengen EU-Budgetregeln punkten. Reizthema war erneut die „illegale Einwanderung“, bei der Salvini das übrige Europa seit Jahren herausfordert. Geschlossene Häfen für NGO-Rettungsschiffe sowie rigorose Abschiebungen, lautete der Kurs.  Und er versprach die Einheitssteuer Flat Tax. Und Salvini hatte schon vor Wochen seinen Plan präsentiert, rechtsnationale und populistische Parteien in einer „Europäischen Allianz der Völker und Nationen im Europaparlament“ vereinen zu wollen.

Koalition am Ende?

Die EU-Wahlen galten als Stimmungstest für die Regierung. In der Koalition herrschte zuletzt immer wieder dicke Luft. Politologen rechnen jetzt mit  Personalrochaden. Selbst von einem Sturz der Regierung und Neuwahlen ist die Rede.

Eine These, die Meinungsforscher Antonio Noto für realistisch hält: „Wenn die Lega  30 Prozent und mehr erreicht, wird sie wahrscheinlich großes Interesse daran haben, die Regierung zu Fall zu bringen und bei Neuwahlen anzutreten.“

Auf der Straße lief allerdings nicht immer alles glatt für Salvini. Doch auf Widerstand reagierte der 46-Jährige aggressiv. Polizisten, die ihm Demonstranten nicht vom Leib hielten, beschimpfte er als „Dumpfbacken“. Der „Meister der Selfies“ zeigte sich auch schnell genervt, als sich „falsche Fans“ für ein Instagram-Bild einschlichen und ihn wegen seiner Homophobie kritisierten. Im Süden, dessen Bewohner er bis vor Kurzem als „Erdfresser“ bezeichnet hatte, wurde er mit seiner früheren Verachtung konfrontiert.

„Jeder Sizilianer, der Salvini wählt, hat seine Würde verloren“, so ein Bürgermeister der Insel. Doch Salvini gab sich stets siegessicher: Die Rechtspopulisten könnten in Brüssel eine „Revolution“ in die Wege leiten.