Politik/Ausland

Der russische Einmarsch vom Donnerstag im Überblick

Am frühen Donnerstagmorgen, gegen vier Uhr, startete die russische Armee eine massive Militäroffensive gegen den Nachbarstaat Ukraine. Nach massivem Beschuss mehrerer ukrainischer Städte gab es schon zu Mittag Berichte von Panzerverbänden, die in Richtung der Hauptstadt Kiew rollten. Erste Truppen waren am Nachmittag bereits in die Vorstädte eingedrungen und hatten nach Angaben der ukrainischen Regierung zwischenzeitlich sogar den Frachtflughafen Gostomel an der Stadtgrenze eingenommen. Spätabends wurde der dann offenbar von ukrainischen Truppen wieder zurückerobert.

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Auftakt mit Luftschlägen

Das erste Ziel frühmorgens war wie in fast jedem modernen Krieg die Luftabwehr des Gegners. Russlands Luftwaffe flog gegen vier Uhr - nach ersten Informationen im Osten des Landes - Angriffe auf Einrichtungen in Städten wie Charkiv und Mariupol. Auch in der Hauptstadt Kiew berichteten schon am Vormittag Augenzeugen von Kampfjets und Kampfhubschraubern über der Stadt, die militärische Ziele angriffen.

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Offensichtlich war die militärische Kommandozentrale der ukrainischen Armee ihr Ziel. Doch auch einer der wichtigen Militärflughäfen bei Kiew, Gostomel, wurde von Hubschraubern angegriffen. Laut ukrainischen Quellen wurden mehrere der russischen Hubschrauber abgeschossen. Doch gegen 15:30 Uhr berichteten Augenzeugen dann davon, dass russische Bodentruppen den Flughafen bereits eingenommen hätten, nur wenige Kilometer vor der Stadtgrenze. Hier sehen Sie den Bericht der CNN-Kollegen im Video:

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Am Abend berichtete die britische Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Quellen innerhalb der ukrainischen Regierung, die ukrainische Armee hätte den Militärflughafen zurückerobert. Der Flughafen hat vor allem deshalb eine enorme strategische Bedeutung, weil die russischen Truppen dort offenbar eine Luftbrücke errichten wollen, über die man schnellstmöglich weitere Soldaten und Kriegsgerät in die unmittelbare Umgebung Kiews fliegen könnte.

Zudem meldete die russische Führung schon am Vormittag, die ukrainische Luftabwehr sei ausgeschaltet. Westliche Geheimdienste bestätigten das erst am Donnerstagabend. Die Lufthoheit zu erlangen, gelang der russischen Armee mithilfe unzähliger Bombenangriffe auf militärische Infrastruktur wie Flughäfen, Kommunikationsanlagen und Luftabwehrgeschützen.

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Russen nehmen Tschernobyl ein

Die Kämpfe in der Ukraine erstrecken sich nach Angaben der Regierung in Kiew auch auf das Gebiet des zerstörten Atomreaktors von Tschernobyl. "Unsere Streitkräfte geben ihr Leben", erklärte der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj im Kurzbotschaftendienst Twitter. Gegen 19:00 Uhr hatten russische Bodentruppen die Atomanlage dann auch eingenommen.

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Bomben auf Wohnhäuser

In mehreren ukrainischen Städten, darunter das ostukrainische Charkiw, wurden auch Wohnhäuser von den Bomben getroffen. Ein Überblick über die vielen Einschlagsorte und Angriffsrouten:

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Mehr als 40 Todesopfer

Auch im Osten des Landes erfolgten die ersten Bodenoperationen gleich in der Früh. Russische Truppen überquerten die Grenze von der Halbinsel Krim und den Separatistengebieten in den Oblasten Donezk und Lugansk aus. Nach Angaben des ukrainischen Gesundheitsministers Oleh Ljaschko sind durch russische Angriffe am Donnerstag 57 Menschen getötet und 169 verletzt worden. Zudem sprach der stellvertretende Verteidigungsminister davon, dass es heftigen russischen Beschuss in der Ostukraine gebe.

KURIER-Redakteur Armin Arbeiter und Fotograf Jürg Christandl befinden sich aktuell in der ostukrainischen Stadt Charkiw. Anbei ein paar Eindrücke nach den Angriffen vom Vormittag:

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Lesen Sie hier alle aktuellen Entwicklungen im Live-Ticker: 

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Russland habe die Infrastruktur und die Grenzen mit Raketen angegriffen, sagte Selenskyj. Er forderte die Bürger auf, nicht in Panik zu geraten. "Wir sind auf alles vorbereitet, wir werden siegen", fügte er hinzu. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sprach von einem "groß angelegten Krieg gegen die Ukraine". "Putin hat gerade eine große Invasion der Ukraine gestartet. Friedliche ukrainische Städte werden attackiert. Das ist ein Angriffskrieg", teilte der Minister am Donnerstag bei Twitter mit. "Wir brauchen Waffen, finanzielle Unterstützung und humanitäre Hilfe."

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Biden sprach am Abend

Bei einer Fernsehansprache am Donnerstagabend hat US-Präsident Joe Biden weitere "harte Sanktionen" gegen Russland angekündigt. Die Maßnahmen werden das russische Finanzsystem hart und über Exportkontrollen auch den Technologiesektor Russlands treffen. Damit werde man "ihr Militär, ihr Raumfahrtprogramm und nicht zuletzt Putins Ambitionen, eine Großmacht auf der globalen Bühne zu führen, erheblich schwächen", erklärte Biden am Donnerstagabend im Weißen Haus.

Zudem kündigte er Sanktionen gegen Russlands zweitgrößte Bank an. Die VTB Bank und weitere russische Kreditinstitute würden damit vom US-Finanzmarkt und Geschäften in US-Dollar ausgeschlossen. Auch persönliche Sanktionen gegen weitere reiche Russen aus Putins Umfeld seien in Visier: "Das sind Menschen, die direkt vom Regime des Kreml profitieren", so Biden, "und sie sollten den finanziellen Schmerz teilen".

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EU mit "härtesten Sanktionen der Geschichte"

"Das gehört zu den dunkelsten Stunden Europas seit dem Zweiten Weltkrieg", schlug  EU-Außenbeauftragter Josep Borrell dramatische Töne an, kurz nachdem  Donnerstagfrüh die befürchtete Nachricht eingetroffen war:  Es ist wieder Krieg in Europa. Bis vorgestern kaum vorstellbar, schlugen am Freitag in der Ukraine  russische Raketen und Bomben ein.

Auf diese Aggression hat die EU nun mit einem umfangreichen Sanktionspaket geantwortet. "Es wurde 'das härteste Sanktionspaket', das die EU je beschlossen hat", sagte Borrell. Die Strafmaßnahmen betreffen unter anderem die Bereiche Energie, Finanzen und Transport.

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Nehammer: "Österreichs Solidarität gilt der Ukraine" 

Nehammer verurteilte seinerseits den Angriff gegen die Ukraine. "In den letzten Stunden hat die Russische Föderation erneut eine eklatante Verletzung des Völkerrechts begangen, die wir zutiefst ablehnen und klar verurteilen", hieß es in einer Mitteilung. "Österreichs uneingeschränkte Solidarität gilt der Ukraine. In diesen schweren Stunden sind unsere Gedanken bei der Bevölkerung der Ukraine." Fest stehe, "dass dieser neuerliche Angriff auf die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine nicht unbeantwortet bleiben" werde, so Nehammer. 

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NATO-Gipfel am Freitag

Die NATO berät am Freitag auf einem Krisengipfel über den russischen Einmarsch in die Ukraine (15.00 Uhr, Pressekonferenz gegen 18.00 Uhr). Die Staats- und Regierungschefs der 30 Mitgliedsländer wollen per Videokonferenz über einen verstärkten Schutz der östlichen NATO-Länder beraten, wie Generalsekretär Jens Stoltenberg bekanntgab. Deutschlands Kanzler Olaf Scholz warnte Russland davor, nach der Ukraine weitere Länder ins Visier zu nehmen.

Die westlichen Bündnispartner seien sich "einig, dies mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern", sagte Scholz am Donnerstag in einer Fernsehansprache. Dies gelte "ausdrücklich für unsere NATO-Partner im Baltikum, in Polen, in Rumänien, in Bulgarien und in der Slowakei".

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