Politik/Ausland

Politischer Skandal um Suizid eines 15-Jährigen in Polen

Ein dramatischer Skandal erschüttert in diesen Tagen die polnische Innenpolitik. Ausgelöst wurde er im Februar durch eine Radiosendung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks TVP, in der ausführlich über einen Missbrauchsfall berichtet wurde. In der Sendung wurde die Identität des mutmaßlichen Täters ebenso preisgegeben wie Hinweise auf jene des Opfers - ein 15-Jähriger, der daraufhin Suizid beging.

Der brisante politische Hintergrund: Die Sendergruppe TVP steht unter großem Einfluss der langjährigen polnischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Der Verdächtige ist dagegen ein ehemaliges Mitglied der Oppositionspartei Bürgerplattform (PO), worauf sich die Berichterstattung fokussierte.

Mutter machte Tod des Sohnes öffentlich

Auch das Opfer wies einen Bezug zur PO auf, seine Mutter ist die oppositionelle Parlamentsabgeordnete Magdalena Filiks. Diese Information, ebenfalls Teil des Berichts, ließ Rückschlüsse auf seine Identität zu. In einem emotionalen Tweet machte Filiks den Tod ihres Sohnes in der vergangenen Woche öffentlich:

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Am Dienstag hielt das Warschauer Parlament, die Sejm, eine Schweigeminute für den toten Jungen ab. Der Fall sorgte für einen breiten Aufschrei in der politischen Landschaft Polens. Während die PiS alle Verantwortung von sich weist, meinte der EU-Abgeordnete und PO-Mandatar Radosław Sikorski, der Fall mache deutlich, wie sehr die Behörden mit PiS-nahen Medien zusammenarbeiten würden.

So hieß es in anderen polnischen Medien wörtlich: "Die PO trägt Schuld am Tod des Kindes". Solche Taktiken würden Sikorski zufolge "geplant und regelmäßig dazu eingesetzt, politische Mitbewerber zu zerstören". Auch Donald Tusk, Parteichef der PO sowie ehemaliger Premierminister und Präsident des Europäischen Rates, klagte die Regierung auf Twitter an: "Wir werden die PiS für jede Schurkerei, für alle menschlichen Schäden und Tragödien, die sie an der Macht verursacht hat, zur Rechenschaft ziehen. Das verspreche ich."

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Die polnische Regierung spricht nun davon, dass die Opposition die "Tragödie" aufbausche. Bildungsminister Przemysław Czarnek erklärte am Dienstag in einem Interview mit TVP: "Genau jene, die am lautesten einen Kampf gegen Pädophilie einfordern, sind diejenigen, die selbst Pädophile in ihren Reihen verstecken."

Staatsanwaltschaft und Polizei untersuchen den Fall nun weiter, der Nationale Rundfunkrat hat ebenfalls eine Untersuchung angeordnet, bei der festgestellt werden soll, ob der Sender TVP mit seiner Berichterstattung "zur Identifikation des minderjährigen Opfers beigetragen hat".

Wer Suizid-Gedanken hat, sollte sich an vertraute Menschen wenden. Oft hilft bereits das Sprechen über die Gedanken dabei, sie zumindest vorübergehend auszuräumen. Wer für weitere Hilfsangebote offen ist, kann sich an die Telefonseelsorge wenden: Sie bietet schnelle erste Hilfe an und vermittelt Ärzte, Beratungsstellen oder Kliniken. Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person von Depressionen betroffen sind, wenden Sie sich bitte an die Telefon-Seelsorge in Österreich kostenlos unter der Rufnummer 142.

Das neue österreichische Suizidpräventionsportal www.suizid-praevention.gv.at bietet Informationen zu Hilfsangeboten für drei Zielgruppen: Personen mit Suizidgedanken, Personen, die sich diesbezüglich Sorgen um andere machen, und Personen, die nahestehende Menschen durch Suizid verloren haben. Das Portal ist Teil des österreichischen Suizidpräventionsprogramms SUPRA des Gesundheitsministeriums.