"Partygate"-Affäre um Johnson: Jetzt ermittelt Scotland Yard
Von Georg Szalai
Dem britischen Premier Boris Johnson steht das Wasser bis zum Hals: In Zusammenhang mit der Partygate-Affäre um Lockdown-Partys im Amtssitz Downing Street untersucht jetzt auch die Londoner Polizei, Scotland Yard, "eine Reihe von Veranstaltungen" – wegen potenzieller Verstöße gegen die damals geltenden Corona-Auflagen. Acht sind es laut Telegraph. Ob darunter auch Feste sind, an denen der Premier selbst teilgenommen hat, war am Dienstag noch nicht klar.
Ein Regierungssprecher sagte, Johnson stehe für Befragungen zur Verfügung. Bußgeldbescheide gelten laut BBC als wahrscheinlichste Strafe.
Torte für Johnson wird zum Verhängnis
Die Ermittlungen setzen Johnson weiter unter Druck – auch, wenn sich Medien nicht einig sind, ob sie ein "riesiger" (Mirror) oder "verheerender" (Sun) Schlag seien. "Wie um alles in der Welt kann er glauben, Premier bleiben zu können?", wetterte Angela Rayner, Vize-Chefin der oppositionellen Labour Partei. Johnsons Lage wird seit Wochen immer prekärer, weil die Umfragewerte für ihn und seine konservativen Tories gerade vor den Lokalwahlen im Mai wegen der Affäre in den Keller gerasselt sind. Laufend gibt es neue Enthüllungen, zuletzt von einer Geburtstagsfeier für Johnson – mit Torte, Ständchen und bis zu 30 Teilnehmern.
Misstrauensvotum ist noch unklar
Sein politisches Schicksal schien lange von der Untersuchung diverser Feste durch eine hohe Beamtin abzuhängen, die ihren Bericht diese Woche vorlegen wollte. Nun soll die Veröffentlichung, zumindest weitere Teile davon, bis nach Ende der polizeilichen Ermittlungen verschoben werden. Das könnte jedoch Wochen oder sogar Monate dauern. Die große Frage ist jetzt, ob das ein weithin erwartetes Misstrauensvotum gegen Johnson in seiner Fraktion verzögert oder nicht.
Mehrere konservative Abgeordnete hatten seinen Rücktritt gefordert; andere wollten die Ergebnisse der Untersuchung abwarten. Für eine Abstimmung sind Ansuchen von 54 der 359 Tory-Mandatare an das zuständige Komitee der Partei nötig. "Es sieht immer düsterer und schwieriger aus", beschreibt der Tory-Abgeordnete Simon Hoare die Stimmung. In seinem Wahlkreis herrsche "glühende Wut, Fassungslosigkeit und große Enttäuschung".