"Ohne Sex kein Job": WHO-Mitarbeiter beuteten Kongolesinnen sexuell aus
Humanitäre Helfer haben einer Untersuchung zufolge bei ihrem Ebola-Einsatz in der Demokratischen Republik Kongo Dutzende Frauen und einige Männer sexuell ausgebeutet oder vergewaltigt. Das berichtete die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bestellte Untersuchungskommission am Dienstag in Genf. „Das ist ein erschütternder Bericht“, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus.
Die Kommission sprach mit 63 betroffenen Frauen und 12 Männern. Sie dokumentierte neun Fälle von Frauen, die Vergewaltigungen meldeten, sowie 29 ungewollte Schwangerschaften. Es seien 83 mögliche Täter identifiziert worden - 21 von ihnen hätten mit Sicherheit bei der WHO gearbeitet. Die meisten Männer hätten Übergriffe rundheraus abgestritten oder behauptet, der Sex sei einvernehmlich gewesen. Die wahre Zahl von Tätern und Opfern sei wahrscheinlich deutlich höher. Die Frauen erhoben Vorwürfe unter anderem gegen WHO-Ärzte und leitende Mitarbeiter, darunter Lokalangestellte und Ausländer.
Die Fälle waren vor einem Jahr durch Medienberichte ans Licht gekommen. Mehr als 50 Frauen berichteten, Männer hätten sie während des Ebola-Ausbruchs von 2018 bis 2020 im Gegenzug für Jobangebote zum Sex gezwungen oder ihnen gekündigt, wenn sie Sex ablehnten. Nach dem Bericht des „New Humanitarian“ und der „Thomson Reuters Foundation“ waren Frauen betroffen, die als Köchinnen, Putzhilfen oder bei Informationsprogrammen für die Bevölkerung arbeiteten. Sie hätten Kurzverträge für etwa 50 bis 100 Dollar im Monat bekommen, mehr als zweimal so viel wie bei vor Ort vorhandenen Jobs.
„Um im Job voranzukommen, musste man in Sex einwilligen. Jeder hatte Sex im Gegenzug für irgendetwas“, zitiert die Kommission eine Betroffene, Nadira. Lisianne berichtete über einen Beschuldigten: „Er drohte, dass ich meinen Job verlieren würde, wenn ich keinen Sex mit ihm hätte.“ Severine berichtete, sie sei nach der Bewerbung um einen Job in ein Hotel bestellt worden, der Job sei ihr im Gegenzug für Sex angeboten worden, und als sie sich weigerte, habe der Mann sie vergewaltigt. Isala berichtete, ein Arzt, in dessen Team sie arbeitete, habe sie vor die Wahl gestellt: entweder Sex oder sie müsse ihm die Hälfte ihres Gehaltes geben. Sie habe gezahlt.
Die WHO habe sich auf den Kampf gegen die Krankheit konzentriert, die Risiken sexueller Ausbeutung ausgeblendet und kein System gehabt, um Beschwerden von Opfern aufzunehmen, so die Kommission. „Wir sind gedemütigt, entsetzt und unser Herz ist gebrochen“, sagte die WHO-Regionaldirektorin für Afrika, Matshidiso Moeti. Nach Auffassung der Kommission trifft aber weder Tedros oder Moeti noch Nothilfekoordinator Mike Ryan persönlich Schuld.
Tedros bat die Opfer um Vergebung. „Was Ihnen passiert ist, ist nicht zu entschuldigen“, sagte er. Er wolle dafür sorgen, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Vier Männer seien entlassen worden. Vorwürfe von Vergewaltigungen würden an die Strafvollzugsbehörden im Kongo und den Heimatländern der Täter weitergeleitet. Die WHO werde dafür sorgen, dass die Opfer und ihre Kinder medizinische und psychologische Hilfe bekommen. Die WHO werde umgehend an internen Prozessen arbeiten, damit sich solche Vorgänge nie wiederholten.