Italien: Fünf-Sterne-Chef Di Maio wirft das Handtuch
Parteikreise munkelten, italienische Medien spekulierten, nur der angezählte Parteichef der mitregierenden Fünf-Sterne-Bewegung Luigi Di Maio schwieg. Am Mittwoch warf der 33-Jährige das Handtuch. "Eine Ära ist für die Fünf Sterne-Bewegung zu Ende gegangen", sagte Di Maio bei einer Pressekonferenz vor Aktivisten und Parlamentariern seiner Partei in Rom.
Zu dramatisch war der Sinkflug der Partei unter seiner Führung: Bei den Parlamentswahlen vor nicht einmal zwei Jahren wurde sie noch mit 32 Prozent stimmenstärkste Partei; heute liegt sie in Umfragen bei gerade einmal 15 Prozent. Di Maio kündigte einen Parteitag im März an, bei dem sich die Gruppierung neue Ziele und eine neue Struktur geben wird. Bis März soll als Interimschef der Fünf Sterne-Staatssekretär Vito Crimi im Einsatz sein. Der 46-jährige Crimi zählte zu den Gründern der Gruppierung.
Außenminister wollte Di Maio zunächst noch bleiben, war in Rom zu hören.
Salvini in Lauerstellung
Lega-Chef Matteo Salvini, der im Sommer aus der Regierung mit den Fünf Sternen ausgestiegen ist, wittert schon seine Chance auf Neuwahlen - und auf das Amt des Regierungschefs. Um das zu verhindern hatte Di Maio eine von Anfang an schwierige Regierung mit den Sozialdemokraten (PD) geschlossen.
Mittlerweile ist diese Koalition heillos zerstritten. Und gleiche etliche Parlamentarier haben die Sterne verlassen.
Wahlsonntag als Schicksalstag
Der Regierungschef, der parteilose Jurist Giuseppe Conte, versucht unentwegt zu beruhigen. Dabei steht die nächste Zerreißprobe unmittelbar bevor: Am Sonntag wird in der wichtigen Region Emilia Romagna gewählt. Oppositionschef Salvini rechnet sich große Chancen aus, mit seinen Rechtspopulisten erstmal in der traditionellen Hochburg der Linken zu gewinnen. Das wäre ein schwerer Schlag, der die Regierung in Rom ins Wanken bringen könnte.
Der 46-jährige Salvini tourt seit Wochen unermüdlich durch die Region. Seine Kandidatin, die Senatorin Lucia Borgonzoni, soll mir ihrem Sieg Salvinis Forderung nach vorgezogenen Neuwahlen untermauern.
3,5 Millionen Wähler sind zum Urnengang in der Emilia Romagna aufgerufen. Laut Umfragen dürfte es zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Borgonzoni, der 43-jährigen Ex-Staatssekretärin im Kulturministerium, und dem Regionalpräsidenten Stefano Bonaccini kommen, der als Spitzenkandidat der Sozialdemokraten ins Rennen geht.
Sardinen mischen mit
Der 53-jährige Bonaccini kann mit der Unterstützung der spontan entstandenen Anti-Populisten-Bewegung „Sardinen“ rechnen, die in den vergangenen Monaten zahlreiche Veranstaltungen und Flashmobs gegen die Lega in der Region organisiert hat. Ziel der „Sardinen“ ist es, einen Wahlsieg Salvinis in der „roten“ Region zu stoppen.
Bei den Regionalwahlen in Kalabrien - ebenfalls am Sonntag - wird hier mit einem klaren Sieg der Mitte-Rechts-Kandidatin Jole Santell gerechnet. Sie ist eine langjährige Vertraute des viermaligen Premiers Silvio Berlusconi. Die 51-jährige Anwältin ist seit der Parteigründung im Jahr 1994 Mitglied von Berlusconis rechtskonservativer Gruppierung Forza Italia. Unterstützt wird sie von einem Mitte-Rechts-Bündnis, dem neben der Forza Italia auch die Lega und die postfaschistische Partei Fratelli d'Italia angehören.
Mafia-Fehde
Dem Fünf-Sterne-Kandidaten in Kalabrien, Francesco Aiello, werden keine Chancen eingeräumt. Lokale Medien berichteten, dass der 54-jährige Wirtschaftsprofessor mit einem 'Ndrangheta-Boss verwandt gewesen sei. Aiello beteuert, dass er mit dem vor fünf Jahren bei einer Mafia-Fehde getöteten Cousin nie etwas zu tun hatte. Dennoch bringt er damit seine Partei, die sich den Kampf gegen die Mafia und Korruption auf die Fahne geschrieben hat, in Verlegenheit.
Sollte die Regierungskoalition diesen Wahlsonntag überstehen, geht das Zittern dennoch weiter: Vor dem Sommer stehen heuer in Italien noch Regionalwahlen in Venetien, Ligurien, Toskana, Marken, Kampanien und Apulien an.