Hauptstadt von Berg-Karabach mit Raketen angegriffen
Bei den Kämpfen im Südkaukasus ist die Hauptstadt von Berg-Karabach nach Darstellung der Behörden vor Ort mit Raketen angegriffen worden. Das aserbaidschanische Militär habe Stepanakert am Sonntag erneut beschossen, teilte der Anführer der international nicht anerkannten Republik Berg-Karabach, Araik Arutjunjan, im Kurznachrichtendienst Twitter mit.
Es sei dabei auch auf zivile Objekte gezielt worden, so Arutjunjan. Einzelheiten nannte er zunächst nicht. Armenien sprach von Opfern, nannte aber keine Zahlen.
Der seit Jahrzehnten dauernde Konflikt zwischen den beiden ehemaligen Sowjetrepubliken war vor einer Woche wieder aufgeflammt. Es handelt sich um die schwerste Eskalation seit Jahren. Das verarmte Armenien und das reiche Aserbaidschan geben sich gegenseitig die Schuld dafür.
Die beiden Länder kämpfen seit Jahrzehnten um die bergige Region, in der rund 145.000 Menschen leben. In einem Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor rund 30 Jahren verlor Aserbaidschan die Kontrolle über das Gebiet. Es wird heute von christlichen Karabach-Armeniern bewohnt. Seit 1994 gilt eine brüchige Waffenruhe.
Da das mehrheitlich christliche Armenien mit Russland verbündet ist und das mehrheitlich muslimische Aserbaidschan von der Türkei unterstützt wird, droht eine Ausweitung des Konflikts über die Region hinaus. Durch den Südkaukasus laufen zudem wichtige Erdgas- und Öl-Pipelines.
Als Reaktion drohte Arutjunjan, militärische Objekte in größeren Städten Aserbaidschans anzugreifen. Die Bevölkerung solle sich deshalb in Sicherheit bringen, schrieb er. Nach der Ankündigung seien Angriffe auf den Militärflughafen in der Stadt Ganja (Gandscha) geflogen worden. Aserbaidschan erklärte zu Mittag, es habe dabei einen Toten und vier Verletzte gegeben.
Der aserbaidschanische Verteidigungsminister Sakir Hassanow sprach von einer "Ausweitung der Kampfzone". Laut aserbaidschanischer Armee gab es schweres Artilleriefeuer auf Dörfer und Städte. Dabei soll es auch Opfer gegeben haben. Details wurden aber nicht genannt.
Ausländische Söldner
Unterdessen werfen sich die beiden Staaten gegenseitig den Einsatz ausländischer Söldner vor. Tausende ethnische Armenier seien bereits rekrutiert oder im Prozess für eine Stationierung, teilte das aserbaidschanische Außenministerium am Sonntag laut einer Aussendung der aserbaidschanischen Botschaft in Wien mit. Darunter seien Armenier aus Syrien, dem Libanon, Russland, Georgien, Griechenland und den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Auch Ex-Militärs aus Griechenland seien demnach bereit, gegen Aserbaidschan zu kämpfen, berichtete die Botschaft unter Berufung auf griechische Medienberichte. Armenien hatte seinerseits Aserbaidschan bereits vor einigen Tagen vorgeworfen, ausländische Kämpfer ins Land gebracht zu haben.
Das Außenministerium in Baku kritisierte weiters, dass Armenien Journalisten im Rahmen seiner Militäreinsätze gegen Aserbaidschan ausnutze. Medienvertreter würden in Gebiete gebracht, in denen "aktive militärische Operationen" liefen, aber "offenbar absichtlich keine notwendigen Maßnahmen" ergreifen, um diese "klar von Militärangehörigen zu unterscheiden".
Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel forderte bei einem Telefonat mit dem armenischen Ministerpräsidenten Nikol Paschinian erneut ein sofortiges Ende aller Kämpfe. Es sollte zudem eine "humanitäre Feuerpause" vereinbart werden, um Soldaten zu bergen.