Haiti: Banden überfallen Wohnviertel der Reichen
In einem wohlhabenden Vorort von Haitis Hauptstadt Port-au-Prince sind am Montag 14 Leichen gefunden worden. Anrainer gaben an, dass die Nachbarschaften Laboule und Thomassin im Vortort Petion-Ville seit dem Morgengrauen von bewaffneten Kriminellen angegriffen worden seien.
Augenzeugen berichteten, dass Bandenmitglieder eine Bank, eine Tankstelle und Häuser in dem Gebiet angegriffen hätten.
Am Nachmittag waren in Petion-Ville weiterhin Schüsse zu hören. "Sie kamen mit Sturmhauben in ihren Autos, auf Motorrädern, mit ihrem eigenen Krankenwagen und haben die Bevölkerung von Petion-Ville massakriert", sagte der Anrainer Vincent Jean Robert. Ein Richter sei einem Angriff auf sein Haus knapp entkommen, erzählte ein Verwandter des Richters.
"Ich saß auf meinem Motorrad, als sie ankamen und anfingen zu schießen", berichtete ein Motorradtaxifahrer namens Cadet der Nachrichtenagentur AFP. "Wir wissen nicht, ob Banditen oder die Polizei dahinterstecken."
Haiti leidet unter einer massiven Welle von Bandengewalt, die humanitäre Lage in dem Karibikstaat verschlechterte sich in den vergangenen Wochen zusehends. Kriminelle Gangs kontrollieren inzwischen weite Teile des Landes und rund 80 Prozent der Hauptstadt. Ihnen werden zahlreiche Verbrechen wie Mord, Vergewaltigung und Lösegelderpressung vorgeworfen. Nach UN-Angaben sind etwa 362.000 Haitianer innerhalb des Landes vertrieben, mehr als die Hälfte davon Kinder. Fast die Hälfte der rund elf Millionen Einwohner Haitis leidet unter akutem Hunger.
Die Lage im Land hatte sich Ende Februar während einer Auslandsreise von Regierungschef Ariel Henry verschärft. Bewaffnete Bandenmitglieder griffen Polizeiwachen an und befreiten tausende Häftlinge aus Gefängnissen. Sie forderten den Rücktritt des seit 2021 regierenden Henry, der eigentlich Anfang Februar aus dem Amt des Ministerpräsidenten hätte scheiden sollen. Vor wenigen Tagen verkündete Henry schließlich seinen Rücktritt.
Nun soll ein Übergangsrat gebildet werden. Die USA zeigten sich am Montag zuversichtlich, dass dieser "schon heute" einsatzbereit sein könne.