Politik/Ausland

Die Briten haben gewählt: Erste Prognose deutet auf Erdrutschsieg für Labour

410 Sitze, das ist noch mehr als vorausgesagt: In Großbritannien hat die Labourpartei nach einer ersten Exit-Poll-Prognose wohl einen Erdrutschsieg eingefahren. Die konservativen Tories unter Premier Rishi Sunak stürzten auf 131 Mandate im 650-Sitze-Parlament ab, Labour-Chef Keir Starmer wird ihm am Freitag wohl als neuer Premier folgen.

Historisch schlechtestes Ergebnis

Damit enden nicht nur 14 Jahre Tory-Regierungszeit, sondern Sunak hat wohl auch das schlechteste Ergebnis seit der Parteigründung 1834 eingefahren. Labour-Chef Starmer hingegen hat demnach den zweitgrößten Vorsprung auf den Zweitplatzierten seit 1885.

Drittstärkste Kraft wurden demnach die Liberaldemokraten mit 61 Sitzen. Die rechtspopulistische Reform UK des Brexit-Vorkämpfers und langjährigen Ex-Europaabgeordneten Nigel Farage erhielt 13 Mandate. Die bisher nicht im Unterhaus vertretene Kraft überholt demnach die Schottische Nationalpartei (SNP), die stark dezimiert wurde und nur noch zehn Sitze haben wird. Die Grünen konnten einen Sitz auf zwei dazugewinnen.

The winner takes it all

In Umfragen war  Labourpartei ein solcher Erdrutschsieg vorausgesagt worden, Keir Starmers Partei lag stets gut 20 Prozentpunkte vor den Konservativen. Da in Großbritannien das Mehrheitswahlrecht gilt, also das Motto "The winner takes it all", ergibt das im Unterhaus eine deutliche Mehrheit für die Gewinnerpartei.

Schlappe für Konservative prognostiziert

Die konservativen Tories haben seit 14 Jahren im Vereinigten Königreich regiert, dabei insgesamt fünf Premierminister gestellt. Die Wahl wird aber als eine gegen die Regierung und nicht unbedingt für Labour gesehen:. „Es ist eine Wahl, die die Tories verlieren - und nicht eine, die Labour gewinnt“, sagte  Umfrageexperte John Curtice von der Universität Strathclyde gegenüber Politico.

Labour-Chef Keir Starmers Wahlkampf konzentrierte sich auf das Versprechen, einen "Wandel" herbeizuführen. Damit spielte er auf die Wut vieler Briten über den schlechten Zustand des öffentlichen Dienstes etwa im Gesundheitswesen und über den seit Jahren sinkenden Lebensstandard an. Vielen Briten war es auch ein Anliegen, den regierenden Konservativen einen Denkzettel für den während ihrer Amtszeit erfolgten EU-Austritt Großbritanniens zu verpassen.

Ein weiterer Grund für den Absturz der Tories ist die wachsende Zustimmung für kleinere Parteien wie die Liberaldemokraten sowie die rechtspopulistische Partei Reform UK unter Nigel Farage, der einst auch die Brexit-Partei UKIP angeführt hat. 

Endergebnis erst am Freitag

Die 650 Wahlkreise werden noch bis Freitagfrüh ausgezählt, danach geht es mit dem Machtwechsel ziemlich schnell: König Charles III. beauftragt den neuen Premierminister schon am Freitag offiziell mit der Regierungsbildung. 

Wahlberechtigt waren mehr als 46 Millionen Menschen, die jeweils eine Stimme haben. Es ist die erste Parlamentswahl, bei der ein offizieller Ausweis für die Stimmabgabe vorgezeigt werden muss. Gut 6,7 Millionen Menschen nutzten die Möglichkeit zur Briefwahl.

Alle 650 Sitze im Unterhaus werden per Direktmandat vergeben. Die absolute Mehrheit im Unterhaus (House of Commons) beträgt 326 Sitze. Bei der bisher letzten Wahl 2019 hatten die Tories 365 Sitze gewonnen, Labour hatte 202 Mandate.