Politik/Ausland

Gericht in Polen verurteilt Aktivistin wegen Beihilfe zur Abtreibung

Eine polnische Aktivistin ist wegen Beihilfe zur Abtreibung von einem Gericht in Warschau zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt worden. Justyna Wydrzynska, die eine schwangere Frau mit Abtreibungspillen versorgt hatte, wurde "der Hilfeleistung schuldig gesprochen (...)", wie die Organisation Abortion Dream Team, deren Mitgründerin Wydrzynska ist, am Dienstag im Onlinedienst Twitter erklärte.

Dafür sei sie zu "acht Monaten gemeinnütziger Arbeit mit 30 Stunden pro Monat", verurteilt worden, fügte die Organisation hinzu. "Ich fühle mich nicht schuldig, ich akzeptiere dieses Urteil nicht", sagte Wydrzynska vor Journalisten beim Verlassen des Gerichts. Sie wolle Berufung einlegen und weiterhin Frauen helfen, sagte sie.

Eines der restriktivsten Abtreibungsgesetze

Im Jahr 2020 hatte sich eine in der zwölften Woche Schwangere, die abtreiben wollte, an die Organisation Abortion Dream Team gewandt. Zuvor hatte die Frau versucht, eine Abtreibungsklinik in Deutschland aufzusuchen, doch ihr Mann hatte sie daran gehindert. Während die Schwangere auf ein Paket mit den Abtreibungspillen wartete, rief ihr Mann die Polizei, die die Pillen beschlagnahmte und eine Untersuchung einleitete. Die Frau erlitt eine Fehlgeburt.

Das traditionell katholische Polen hatte bereits eines der restriktivsten Abtreibungsgesetze Europas, als sich das Verfassungsgericht im vergangenen Jahr auf die Seite der rechts-nationalistischen Regierung stellte und Schwangerschaftsabbrüche auch bei einer Missbildung des Fötus für verfassungswidrig erklärte. Abortion Dream Team hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr 44.000 Abtreibungen ermöglicht.

"Tiefpunkt in der Unterdrückung"

Die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnes Callamard, erklärte: "Das heutige Urteil stellt einen neuen Tiefpunkt in der Unterdrückung der reproduktiven Rechte in Polen dar: ein Rückschlag, für den Frauen und Mädchen - und diejenigen, die sich für ihre Rechte einsetzen - einen hohen Preis zahlen müssen".

Der Fall schaffe einen gefährlichen Präzedenzfall in Polen, wo Abtreibung fast vollständig verboten ist, fügte Callamard hinzu. Nach dem strengen polnischen Recht drohten der Aktivistin bis zu drei Jahre Haft wegen "Beihilfe zur Abtreibung" und "Inverkehrbringen von Medikamenten ohne Genehmigung".