Politik/Ausland

Genua: Neuanfang mit einer neuen Brücke

 In Italien hat man einen Sinn für Symbolik. Nicht einmal zwei Jahre nach dem Brückeneinsturz von Genua mit 43 Toten im 18. August 2018 soll das letzte 70 Meter lange Teilstück der Stahlkonstruktion bis Freitag auf die Pfeiler gesetzt werden. In normalen Zeiten würde man dann ein Richtfest feiern.

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Doch diesmal geht es um etwas Anderes: Am Samstag feiert Italien den „Tag der Befreiung“ vom Faschismus vor 75 Jahren. Und so soll die von Stararchitekt Renzo Piano entworfene neue Autobahnbrücke „Modello Ponte“ (Modellbrücke) für einen Neuanfang für das von Coronavirus- und Wirtschaftskrise gebeutelte Italien stehen.

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Der Einsturz der Brücke Ponte Morandi aus den 1960er-Jahren war eine Katastrophe, die auch die

undurchsichtigen Machenschaften der privatisierten Autobahngesellschaften ans Tageslicht brachte. Die Familie Benetton war Mehrheitseigentümer der italienischen Asfinag. Ihre Autostrade per l'Italia kassierte Maut und war für die Instandhaltung der Straßen und Brücken verantwortlich. Die Benettons als größter Aktionär reagierten zunächst, als ginge sie die Tragödie überhaupt nichts an.

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Die Untersuchungen, wer an dem Unglück schuld war, ziehen sich in die Länge.

Doch davon will die Stadt Genua nichts mehr wissen. Der Aufbau der neuen „Modell-Brücke“ klappte wie am Schnürchen. Genuas Bürgermeister Marco Bucci und Liguriens Regionalpräsident Giovanni Toti hatten aus Rom umfassende Vollmachten für die rasche und unbürokratische Auftragsvergabe erhalten. Als Führer des Konsortiums wurden der halbstaatliche Schiffbauer Fincantieri und der italienische Baukonzern Salini Impregilo ausgewählt. Weder das Rathaus, noch örtliche Interessenvertreter oder Gewerkschafter funkten dazwischen.

Auf der Baustelle wird Tag und Nacht gearbeitet. In der Nacht erhellen grelle Scheinwerfer die Gegend und auch die verlassenen Wohnhäuser unter der Brücke.

Eröffnung im Sommer

Schon im Frühsommer soll die neue Brücke eröffnet werden und die Region Ligurien wieder eine Verbindung ihres wichtigsten Frachthafens in Genua mit dem Hinterland erhalten. 43 Laternen erinnern an die 43 Todesopfer. Diese Laternen werden die Brücke erleuchten.

Der Zusammenhalt in der Region ist groß: Im Hafen von Genua, auch das hat symbolischen Charakter, liegt das Fährschiff „Splendid“. Es wurde zum provisorischen Krankenhausschiff umgebaut, in dem derzeit 50 Patienten mit leichten Covid-19-Symptomen behandelt werden. Die Reederei GNV nimmt täglich einen symbolischen Euro Pacht.

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