Gazprom: Turbinen-Rückgabe "unmöglich"
Die Lieferung der sich derzeit in Deutschland befindlichen Turbine für die Pipeline Nord Stream 1 nach Russland sei wegen der gegen Russland verhängten Sanktionen aktuell „nicht möglich“, argumentiert der russische Energieriese Gazprom.
Einen weiteren Grund, der die Lieferung der Turbine unmöglich mache, sieht Gazprom in „Unklarheiten bei der aktuellen Situation bezüglich der vertraglichen Verpflichtungen von Siemens“.
Der deutsche Kanzler Olaf Scholz sagte gestern bei einem Besuch des Energietechnik-Konzerns Siemens Energy in Mülheim an der Ruhr, wo die Turbine derzeit zwischengelagert ist, diese sei jederzeit einsatzbereit und könne geliefert werden. Der SPD-Politiker warf Russland indirekt vor, Vorwände für die ausbleibenden Gaslieferungen zu nutzen.
"Die Turbine ist da, sie kann geliefert werden, es muss nur Jemand sagen, ich möcht' sie haben, dann ist sie ganz schnell da", betonte Scholz. Dem Gastransport durch Nord Stream 1 stehe dann nichts mehr im Weg. "Es ist offensichtlich, dass nichts, aber auch wirklich gar nichts dem Weitertransport dieser Turbine und ihrem Einbau in Russland entgegensteht." Die Reduzierung der Gaslieferungen über Nord Stream 1, die Nichterfüllung der Gaslieferungsverträge habe keinerlei technische Gründe, sagte der Kanzler weiter.
Die Turbine sei nicht nur in perfektem Zustand, ihrer Nutzung stünden auch keinerlei Gas-Sanktionen entgegen. Man müsse sich angesichts des russischen Kriegs in der Ukraine aber bewusst sein, "dass es jederzeit irgendwelche vorgeschobenen, vorgebrachten Gründe geben kann, die dazu führen, dass irgendetwas nicht funktioniert", sagte der Kanzler.
Seit Juni hat Russland die Gaslieferungen über Nord Stream 1 zurückgefahren. Der Energiekonzern Gazprom begründete dies mit der fehlenden Turbine. Sie sei wichtig, um den nötigen Druck zum Durchpumpen des Gases aufzubauen. Gazprom warf seinem Vertragspartner Siemens Energy wiederholt vor, nicht die nötigen Dokumente und Informationen zur Reparatur der Maschine übermittelt zu haben. Siemens Energy wies die Vorwürfe zurück.
Russland bekräftigte seine Sicht der Dinge am Mittwoch. Die Turbine sei zwar mittlerweile in Deutschland, aber Gazprom als Eigentümer fehlten weiter notwendige Papiere, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge.
Vorige Woche erste erklärte der Vizechef des russischen Staatskonzerns, Witali Markelow, die Rückgabe der in Kanada gewarteten Pipeline-Turbine über Deutschland nach Russland statt auf direktem Wege entspreche nicht den Vertragsbedingungen. Zudem habe der mit der Wartung beauftragte Hersteller Siemens Energy nur ein Viertel der Defekte behoben.
Turbinen-Einbau an sich erst für September geplant
Siemens-Energy-Vorstandschef Christian Bruch sagte in Mülheim, dass die gewartete Turbine eigentlich erst im September zum Wiedereinbau vorgesehen war. An der Gasverdichterstation Portowaja gebe es noch ein baugleiches Ersatzteil, "was da ist, was man jetzt schon einbauen könnte". Dies mache Gazprom aber üblicherweise nur dann, wenn das nächste Ersatzteil schon wieder im Zulauf ist. "Aus unserer Sicht ist alles vorbereitet, was geht." Man versuche, das Gazprom auch tagtäglich klarzumachen. "Es gibt einen Dialog mit Gazprom nach wie vor, und es gibt nach wie vor noch die Klärung der Thematiken, was denn nun eigentlich fehlt und oder nicht."
Mit den Turbinen werden Kompressoren angetrieben, die den für den Gastransport durch die Pipeline nötigen Druck aufbauen. Nach Bruchs Angaben stehen in Portowaja für beide Nord Stream 1-Stränge neben zwei kleineren Turbinen sechs große Turbinen. "Sie brauchen fünf von solchen Turbinen, damit 100 Prozent Leistung erzeugt wird. Davon läuft heute eine. Deswegen sind wir bei 20 Prozent." Aus technischer Sicht könne man nicht nachvollziehen, warum keine Betriebsbereitschaft da sein sollte.