"Europa ist meine Leidenschaft": Weber will an die EU-Spitze
Unter den Klängen von „One Vision“ (Queen) wurde das Wahlergebnis für Manfred Weber verkündet: Mit 80 Prozent der abgegebenen Delegiertenstimmen ist er der EVP-Spitzenkandidat für die EU-Wahl im nächsten Jahre. Sein Herausforderer, der ehemalige finnische Ministerpräsident Alexander Stubb, bekam 20 Prozent der Stimmen, er nahm es sportlich.
„Das ist kein persönlicher Erfolg, das ist ein Erfolg der Europäischen Volkspartei“, bedankte sich Weber bei seinen Wählern bescheiden. Imdunklen Anzug und blütenweißen Hemd stand er auf der Bühne, die Messehalle von Helsinki erstrahlte in blau-gelb, den Farben der Europa-Fahne. Weber, sonst immer zurückhaltend, zeigte Emotionen, umarmte Parteifreundinnen und -freunde.
Auch wenn Weber als „deutscher Provinzler“ abgetan wurde: Ihm gelang es, die Herzen der Delegierten zu erreichen: „Schutz und Sicherheit“ versprach er ebenso wie „strenge Grenzkontrollen und einen Stopp der illegalen Migration“. Ein Europa, das „bürgernah“ ist und keines „der Hochgebildeten, der Elite“, verlangte der 46-Jährige in Anspielung an seinen Herausforderer, den unterkühlten und intellektuellen Finnen.
Von Kurz unterstützt
Seit Monaten hat Weber seine Kandidatur vorbereitet und in seiner ruhigen und pragmatischen Art die EVP-Regierungs- und Parteichefs überzeugt, für ihn zu stimmen. Von seinem engen Freund, Bundeskanzler Sebastian Kurz, bekam er schon sehr früh Unterstützung. Gestern unterstrich Kurz erneut die persönlichen und inhaltlichen Vorzüge Webers: Ausgleichend sei er und ein „Politiker der Mitte“. Gerade angesichts des Aufstiegs des „simplen Populismus“ brauche es „heute, mehr denn je, eine starke Kraft der Mitte“, die Weber repräsentiere – und mit ihm die Europäische Volkspartei.
Weber ist seit 2014 Fraktionschef der EVP im EU-Parlament und führt die größte Gruppe mit 219 Abgeordneten. Verbindlich und taktisch geschickt hält er diese Gruppe zusammen und spannt seine Netze in der EU. In seiner Heimat ist er auch Vizepräsident der CSU, er gehört aber dem liberalen, pro-europäischen Flügel an.
Studiert hat Manfred Weber „Physikalische Technik“ an der Fachhochschule in München, und als Ingenieur hat er zwei Unternehmen im Bereich Umwelt- , Qualitätsmanagement und Arbeitssicherheit gegründet.
Privat ist von ihm wenig bekannt. Der tiefgläubige Katholik aus Wildenberg in Niederbayern ist verheiratet und kinderlos. Als Junger hat er Gitarre in einer Band gespielt. Gestern sagte er bei seiner Rede, dass sein Bruder an Krebs gestorben sei. Als Kommissionspräsident würde er ein EU-weites Krebsvorsorge-Programm forcieren.
Ob er Hobbys hat, weiß sein Umfeld gar nicht. „Politik ist sein Leben“, beschreibt ihn ein deutscher CDU-Abgeordneter. „Er ist fleißig und verlässt immer als Letzter das Büro. “
In der CSU engagierte er sich schon als Junger, von 2003 bis 2007 war er Landesvorsitzender der Jungen Union Bayern. 2004 wurde er ins Europäische Parlament gewählt – und arbeitete sich ständig hoch. Im nächsten Jahre könnte Weber den politischen Olymp Europas erklimmen und Präsident der EU-Kommission werden. „Europa ist einfach meine Leidenschaft“, sagte er, nachdem das Wahlergebnis bekannt wurde.