Politik/Ausland

Italiens Budget abgelehnt: Salvini sieht "Attacke auf ein Volk"

Die EU-Kommission lehnt den von Italien präsentierten Haushaltsplan für 2019 offiziell ab. Der Vizepräsident der EU-Kommission Valdis Dombrovskis erklärte Dienstag in Straßburg, es gebe keine Alternative zu dieser Maßnahme. Eine Aushöhlung des Vertrauens würde alle Staaten und die EU beschädigen. Es ist das erste Mal, dass die EU-Kommission im Voraus einen Haushaltsentwurf ablehnt.

Die Italienischen Behörden hätten nun drei Wochen Zeit, ihr Budget zu revidieren. " Italien verstößt gegen bereits eingegangene Zusagen". Dombrovskis gab zu bedenken, dass "auf den ersten Blick die Versuchung da sein könnte, man könnte das Gefühl erhalten, sich praktisch von den Fesseln zu befreien und den Schuldenberg aufzustocken. Aber irgendwann wird die Schuld zu groß". Letztlich habe man dann überhaupt keine Freiheiten mehr. Daher habe sich die Kommission darauf verständigt, die Schulden zu beschränken.

2017 habe Italien mit 131,2 Prozent des BIP den zweithöchsten Schuldenberg der EU gehabt. Auf jeden Italiener seien 37.000 Euro Schulden gekommen. Insgesamt sei für den Schuldendienst die gleiche Höhe aufgebracht worden wie für den Bildungssektor. "Die Erfahrung zeigt immer wieder, dass höhere Haushaltsschulden kein nachhaltiges Wachstum fördern", so Dombrovskis.

EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici erklärte, er bedauere wie das Kollegium, dass man diesen Beschluss getroffen habe. Aber "das wird niemand überraschen".

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Salvini: "EU-Kommission attackiert ein Volk"

Die italienische Regierung will trotz der Zurückweisung ihrer Haushaltspläne keine Änderungen daran vornehmen. "Brüssel attackiert nicht eine Regierung, sondern ein Volk", sagte Vizepremier Matteo Salvini bei einem Besuch in Bukarest laut Medienangaben vom Dienstag. Damit drohe die Popularität der EU noch mehr zu sinken, die in Italien bereits ein historisches Tief erreicht habe.

Die Regierung aus Lega und Fünf Sterne-Bewegung werde ihren Haushaltsplan nicht ändern. "Es ändert sich nichts. Die Herren der Finanz können resignieren: Es gibt kein Zurück", sagte Salvini. Er zeigte sich wegen den italienischen Anleiherenditen unbesorgt, die am Dienstag im Vergleich zu deutschen Papieren stark gestiegen sind. "Diese Regierung wird nicht wegen den zunehmenden Anleihenrenditen stürzen", sagte Salvini.

Bereits davor hatte  getönt: "Der Haushaltsplan enthält Investitionen in Höhe von 15 Milliarden Euro. Wir werden keinen einzigen Euro wegnehmen"

Conte zeigte sich zu Mini-Kürzungen bereit

Am Dienstag vernahm man aber auch andere Töne aus Italien. Die Regierung sei bereit, "wenn notwendig" die geplanten Ausgaben im Haushaltsentwurf 2019 zu kürzen, betonte Premier Giuseppe Conte in einem Interview mit der US-Nachrichtenagentur Bloomberg.

Die im Haushaltsplan angegebene Defizitschwelle von 2,4 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) sei eine Höchstgrenze. Wenn notwendig könne das Defizit mit Ausgabenkürzungen auch geringer ausfallen, versicherte Conte. Substanzielle Änderungen im Haushaltsentwurf werde Italien allerdings nicht durchführen.

Di Maio: "Wir geben nicht nach"

Der italienische Vizepremier und Chef der populistischen Fünf Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, hat ausgeschlossen, dass die Regierung in Rom in Sachen Haushaltsentwurf von ihrer Linie abweichen könnten. "Wir wissen, dass wir der letzte Damm zum Schutz der sozialen Rechte der Italiener sind. Daher werden wir die Italiener nicht enttäuschen", so Di Maio auf Facebook.

"Wir wissen, dass wir auf dem richtigen Weg sind, daher geben wir nicht auf", fügte der Vizepremier hinzu. Sollte die Regierung nachgeben, würde Italien wieder in den Würgegriff der Sparpolitik gelangen.

Der Chef der oppositionellen Sozialdemokraten (PD - Partito Democratico), Maurizio Martina, warnte, dass die populistische Regierung Italien in den Abgrund reiße. "Das ist eine Regierung von Schlaufüchsen, die meint, dass sie im ständigen Wahlkampfmodus das Land regieren kann und zwar auf Kosten der Bürger. Diese Regierung hat keine Ahnung, was es bedeutet, mit Verantwortungsbewusstsein zu handeln", kritisierte Martina.

Der Chef des italienischen Industriellenverbands Confindustria, Vincenzo Boccia, meinte, die Zurückweisung des Haushaltsentwurfs sei keine Überraschung. Er rief die Regierung auf, den Haushaltsplan zu ändern und den Dialog mit Brüssel offen zu halten.

Moscovici: Ablehnung ein Präzedenzfall

EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici hat die Ablehnung des italienischen Budgetentwurfs für 2019 als "Präzedenzfall" bezeichnet, den es "bisher noch nie gab". Moscovici sprach von einem "schwierigen Augenblick, aber es ist nicht das Ende des Dialogs, nur eine weitere Phase".

Immerhin müsse man auch darauf verweisen, dass Italien Nutzen aus dem Juncker-Plan ziehe. Daraus seien 5,8 Mrd. Euro geflossen. Auch von den Strukturmitteln habe Italien profitiert. Nun gehe es darum, dass Rom in den nächsten drei Wochen Schritte vorlege. Dann werde die Kommission prüfen und eine neue Stellungnahme vorlegen.

"Heute ist nicht das Ende der Geschichte", so Moscovici. Die Tür für Italien sei in der Kommission offen. Lob gab es von Moscovici für den italienischen Finanzminister Giovanni Tria. Dieser habe in einem Schreiben an Brüssel klargestellt, dass die Position Italiens in Europa und im Euroraum sei.

Der Vizepräsident der EU-Kommission Pierre Moscovici hat eine Verschlechterung beim strukturellen Budgetdefizit von "0,8 bis 0,9 Prozent" beklagt. Das bedeute insgesamt eine Verschlechterung um 1,5 Prozentpunkte und "das ist eine recht beachtliche Differenz". Notwendig sei ein strukturelles Defizit von maximal 0,5 Prozent.

Moscovici sagte, man sollte nun schrittweise vorgehen. "Wir müssen dem Dialog jede Chance einräumen".
 

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