"Die Mafia wird Montenegro nicht mehr weiter regieren"
Montenegro ohne Milo Djukanovic? Das war bis vor Kurzem kaum vorstellbar. Seit 1991 war der prowestliche Sozialdemokrat das politische Gesicht der kleinen Adria-Republik. Vier Mal war der heute 58-Jährige, dem autoritäre Züge zugeschrieben werden, schon Premierminister, seit Mai 2018 ist der Politiker schon zum zweiten Mal Präsident. Die Macht im Land hatte über all die Jahre seine prowestliche sozialdemokratische Parte DPS. Die Parlamentswahlen am Sonntag läuteten das Ende dieser Ära ein: Djukanovics PS musste eine herbe Niederlage einstecken und erreichte nur noch 30 der 81 Mandate.
Drei Oppositionsbündnisse, die insgesamt 41 Mandate einfahren konnten, wittern jetzt ihre Chance und wollen trotz sehr unterschiedlicher Politvorstellungen eine Expertenregierung bilden. „Die beste Lösung für Montenegro wäre eine Expertenregierung“, sagte Zdravko Krivokapic, Spitzenkandidat der stärksten Kraft im Trio, der pro-serbischen und pro-russischen Demokratischen Front (DF).
Ähnlich äußerten sich auch die Führungspolitiker der beiden anderen Bündnisse, der pro-europäischen Demokraten und der Bürgerpartei URA. Deren Vorsitzender, Dritan Abazovic, fand markige Worte: „Die Mafia wird Montenegro nicht mehr weiter regieren.“ Djukanovic werden seit Jahrzehnten Mafia-Verbindungen zugeschrieben. Italien und Deutschland ermittelten Anfang des Jahrhunderts gegen ihn wegen eines groß angelegten Zigarettenschmuggels – ohne Ergebnis.
Zögerliche EU
Bei aller Kritik war es aber Djukanovic, der die einstige jugoslawische Teilrepublik 2006 in die Unabhängigkeit von Serbien führte und 2017 in die NATO. Seit 2009 ist Montenegro EU-Beitrittskandidat. Doch der ersehnte EU-Beitritt ist noch immer nicht in Sicht. Erst im Juni machte die EU den 620.000 Einwohnern von Montenegro nur vage Hoffnungen auf eine Aufnahme. Jetzt ist es Russland, das mit dem Wahlergebnis sehr zufrieden sein können. Moskau versucht - wie Peking - schon lange, die EU auf dem Balkan auszuspielen – mit wachsendem Erfolg.
„Der Kampf geht weiter“
Das Oppositionstrio hat nun 90 Tage Zeit für die Regierungsbildung. Djukanovic hat noch nicht aufgegeben: „Der Kampf um eine Mehrheit im Parlament geht weiter.“