Politik/Ausland

Brexit: EU-Kommission startet rechtliche Schritte gegen London

Exakt in drei Monaten ist endgültig Schluss, doch im Streit um den Austritt Großbritanniens auch aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion zeichnet sich zwischen London und Brüssel keine Einigung ab. Im Gegenteil, beide Seiten kämpfen mit immer härteren Bandagen. Am Donnerstag leitet die Europäische Union nun rechtliche Schritte gegen Großbritannien wegen Verletzung des EU-Austrittsvertrags ein. Das kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Donnerstag in Brüssel an.

Ultimatum verstrichen

Dies ist eine Reaktion auf das britische Binnenmarktgesetz, das am Dienstag vom Unterhaus beschlossen wurde und das Teile des bereits gültigen Austrittsvertrags aushebeln soll. Die EU-Kommission hatte der britischen Regierung ein Ultimatum bis Mittwoch gesetzt, die umstrittenen Klauseln des Gesetzes zurückzunehmen. Das ist nicht geschehen.

Die Brüsseler Behörde schickte daher eine offizielle Anzeige nach London, dass sie eine Verletzung des Vertrags sieht. Von der Leyen gab der Regierung in London einen Monat Zeit zur Stellungnahme. Es ist der erste Schritt eines Verfahrens, das letztlich vor dem Europäischen Gerichtshof enden könnte

"Wir stehen zu unseren Verpflichtungen"

Das Binnenmarktgesetz - das noch vom britischen Oberhaus behandelt werden muss - wäre ein Verstoß gegen das im Vertrag festgelegte Prinzip des „guten Glaubens“ und konkret gegen das Protokoll für Nordirland, sagte von der Leyen. Trotz des nun gestarteten Verfahrens werde die EU weiter auf volle Einhaltung des Austrittsvertrags pochen und sich selbst auch daran halten. „Wir stehen zu unseren Verpflichtungen“, sagte von der Leyen.

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Die EU hatte die Pläne von Premierminister Boris Johnsons als Vertrauensbruch und Verstoß gegen internationales Recht verurteilt. Die britische Regierung bezeichnet sie hingegen als „Sicherheitsnetz“ für den Fall, dass vor Jahresende kein Handelsvertrag mehr mit der EU gelingen sollte. Johnson  will damit vertraglich vereinbarte Sonderklauseln für Nordirland aushebeln.

Die britische Provinz soll nach dem Vertrag enger an den EU-Binnenmarkt und die Zollunion gebunden bleiben, was Kontrollen im Güterverkehr mit dem übrigen Vereinigten Königreich nötig machte. London warnt, damit könnte Nordirland abgekoppelt werden. Im Brexit-Vertrag hatte Johnson dies jedoch akzeptiert.

Hard Brexit droht

Trotz des Streits über das Binnenmarktgesetz laufen diese Woche wieder Verhandlungen über den anvisierten Handelspakt beider Seiten für die Zeit nach der Brexit-Übergangsphase. Doch die stecken weiter in einer Sackgasse fest. Ohne Anschlussvertrag droht ein harter wirtschaftlicher Bruch mit Zöllen und anderen Handelshürden. Das britische Pfund reagierte bereits auf die jüngsten schlechten Nachrichten: Es verlor zeitweise um 0,8 Prozent zum Dollar (1,2816) und ebenso zum Euro (1,0927).