Außenpolitik 2019: Donald, Greta und das Wichtige
Von Andreas Schwarz
Oft sind es ja Kleinigkeiten und Abseitigkeiten, die im schnellen Mediengeschäft die größte Aufmerksamkeit und Verbreitung erzielen – und dahinter stehen die wahren großen Themen. „,Schwarzenegger ist tot‘: Trumps skurriler Social-Media-Gipfel“ zum Beispiel war eine Geschichte über den US-Präsidenten, der vor Medienvertretern seine Twitter-Tätigkeit rechtfertigte und gegen den Ex-Terminator tobte – sie wurde auf kurier.at geklickt wie kaum sonst eine.
Und „Streit um Greta-Foto: Deutscher Bahn-Mitarbeiter packt aus“ beschrieb die Aufregung um ein Bild, das die Umweltaktivistin Greta Thunberg auf der Heimfahrt nach Schweden auf dem Boden eines überfüllten Zuges zeigt. „So what?“ mag man fragen, passiert allen Bahnreisenden in Deutschland – und erzielte trotzdem größte Aufmerksamkeit.
Wahr ist: Donald Trump hat das vergangene Jahr in der außenpolitischen Berichterstattung geprägt – mit ernsthafteren und gleichwohl verstörenden Aussagen als jener über Arnie. Und mit erratischen Entscheidungen, die die ganze Welt durcheinander bringen, Beispiel: Der Rückzug der amerikanischen Soldaten aus Nordsyrien, der eine Einladung an die Türken zum Einmarsch war. Und dass Trump ein Jahr vor der (Wieder-)Wahl schnurstracks ins Impeachment (Amtsenthebungsverfahren) rutschte, weil er einen Gegner via Ausland diskreditieren wollte, vervollständigt das Bild.
Daneben war es Boris Johnson und der Brexit, der die außenpolitische Berichterstattung im abgelaufenen Jahr prägte, sowie das Agieren der (Rechts-)Populisten in Europa von Viktor Orban (Ungarn) bis Matteo Salvini (Italien). Obwohl: Letzterer ist einstweilen als Innenminister Geschichte, und die Rechte fuhr bei den EU-Wahlen im Frühjahr bei weitem nicht den zerstörerischen Erfolg ein, den sie sich erhofft hatte.
Absolute Nummer eins in der medialen Aufmerksamkeit, ob in Print, online oder sozialen Medien, war aber Greta Thunberg. Sie selbst mit Reisen im Zug oder auf dem Schiff (über den Atlantik). Ihr Anliegen aber, weil es über viel beachtete Schülerdemonstrationen („Friday for future“) wenn schon nicht über die Welt, so doch über halb Europa getragen wurde. Und weil es in der Politik Niederschlag fand. Weniger noch in konkreten Umsetzungen oder erfolgreichen Klimakonferenzen. Aber von der EU-Kommission bis zum bayerischen Ministerpräsidenten der CSU (!) oder einer künftigen türkis-grünen Regierung hierzulande sind plötzlich alle grünbewegt, ist das Thema nicht mehr zu negieren – und dazu kann man sich schon auch mal auf den Boden eines deutschen Zuges setzen.
Platz 10 bis 1: Die Liste der meistgelesenen Artikel im Jahr 2019