Meinung

Strache, der Volkstribun, kann's nicht lassen

Mut, besagt ein Sprichwort, kann man nicht kaufen. Unverfrorenheit offenbar auch nicht.

Ausgerechnet an jenem Tag, an dem im Ibiza-Skandal die nächste Bombe (die wievielte eigentlich?) platzt, taucht Heinz-Christian Strache in der Wiener Innenstadt auf.

Natürlich nicht einfach nur so. Sondern publikumswirksam - als Redner bei einer Protestaktion der Wut-Wirte vor dem Parlament. Der Ärger der rund 700 Demonstranten gilt dem absoluten Rauchverbot in der Gastronomie.

Da fühlt sich Strache natürlich wohl. In seiner Zeit als FPÖ-Chef war er eine Art selbst ernannter Robin Hood der Raucher. Auf der Bühne poltert er, geißelt die Enteignung der Wirte und warnt vor dem nahenden Schweinsbraten-Verbot.

Das erinnert an alte FPÖ-Wahlkämpfe. Dieser Eindruck kommt auch nicht von Ungefähr. Denn Strache ist tatsächlich im Wahlkampfmodus.

Oder glaubt tatsächlich immer noch ernsthaft jemand, die FPÖ habe sich erfolgreich ihres ehemaligen Parteichefs entledigt?

Drehbuch für Populisten

Strache kann es nicht lassen. Und handelt ganz genau nach jenem Drehbuch, das offenbar ganz viele verschmähte (Ex-)Politiker im Regal haben, die den Abschied von der Macht nicht verkraften können.

Sie geben den Volkstribun und wettern gegen jenes System, dem sie selbst lange angehörten. Dazu gehört gerne auch die Inszenierung als "einer von euch".

Peter Pilz hat es nach seinem Aus bei den Grünen mit diesem Drehbuch für zumindest eine weitere Legislaturperiode in den Nationalrat geschafft.

Nicht zuletzt erinnert Strache in allem, was er tut, an Jörg Haider. Haider, das einfache Parteimitglied - Strache, der betroffene Bürger. Bei der Raucher-Demo hat er diese Karte voll ausgespielt.

Strache selbst traut sich das Comeback zu. Viele Österreicher auch. Bei einer OGM-Umfrage für den KURIER konnten sich zuletzt 48 Prozent der Befragten seine Rückkehr vorstellen, bei den FPÖ-Wählern waren es sogar 58 Prozent.

Für die Wiener FPÖ ist das wenig erfreulich. Tritt Strache bei der Wien-Wahl mit einer eigenen Liste an, spricht er damit blaue Wählerschichten an.

Das Problem der Blauen: Egal, welche Munition sie gegen ihren Ex-Chef haben - er wird sich davon nicht (mehr) aufhalten lassen. Das hat Strache spätestens mit seinem heutigen Auftritt bewiesen.

Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.