Nase oder Mund? Und die gelungene Generalprobe für die Massenimpfung
Von Richard Grasl
Wir haben 14 Tage harten Lockdown hinter und noch fünf Tage vor uns. Kurzer Datenbericht: Die Zahl der täglichen Neuinfektionen hat sich von 9.000 auf 3.000 gedrittelt. Die Todeszahlen steigen weiter an, müssten mit zeitlichem Abstand aber ebenfalls sinken. Die so entscheidende Zahl der benötigten Intensivbetten stagniert seit Tagen auf 700 - einem sehr hohen Niveau, aber immerhin: Sie steigt nicht mehr.
Heute also wird die Regierung die nächsten Schritte verkünden. Aufmerksame kurier.at-Leser wissen schon seit längerer Zeit, dass Handel und Pflichtschulen öffnen, dass Hotels und Gastronomie geschlossen bleiben, Skilifte fahren dürfen. Gut so.
Besser durch die Nase
Heftige interne Debatten hat in der KURIER-Redaktion unsere Story über die Qualität von Tests gebracht. Wir haben einen Heeres-Experten zitiert, der Abstriche durch den Mund im Rachen für sehr fehleranfällig bezeichnet hat und nur Tests durch die Nase sinnvoll seien. Da dieser für viele unangenehmer ist, könnte nun die Bereichtschaft, zum Massentest zu gehen sinken, so die Besorgten. Wir haben daher nochmals Experten mit der Frage befasst und die selbe Antwort erhalten: Wenn man so sicher wie möglich sein will, dann muss der Test durch die Nase sein. Und wenn schon Millionen in den nächsten Tagen pflichtbewusst zum Test schreiten, sehen wir es im Kurier als unsere Aufgabe an, dabei zu helfen, dass es auch Sinn macht. Also: Bestehen Sie auf Test durch die Nase. Ich hatte schon das Vergnügen, beides zu erfahren: Jeder Corona-Test ist angenehmer als ein Zahnarztbesuch. Durch die Nase piekt es kurz, brennt zwanzig Sekunden, und vorbei ist es. Jede Quarantäne-Depression ist schlimmer.
Die Grippeimpfung als Generalprobe
Apropos Massentest, apropos Impfung: Es soll ja bei aller Kritik auch mal gelobt werden. Die Logistik, wie man zigtausende Menschen in kurzer Zeit impft (oder testet) wird ja noch Thema sein. Die Stadt Wien hatte durch die Gratis-Grippeimpfung für die Wiener eine gute Generalprobe. Und auch da habe ich mitgemacht. Und es war hervorragend organisiert. Anmeldung online, Durchführung vor Ort hervorragend, Aufklärungsgespräch über Risken und Nebenwirkungen besser als beim Arzt (hab es dort eigentlich nie eingefordert, beim städtischen Test war es aber offenbar automatisch dabei), keine Wartezeiten. Und im Übrigen ist der Stich der sehr freundlichen Ärztin auch gesessen - keine Schmerzen, am Abend konnte ich schon wieder Tennis spielen (war natürlich vor dem Lockdown, um gleich ein paar Blockwarte zu enttäuschen). Der renommierte Impfexperte Prof. Kollaritsch meinte in einem Interview, dass man auf diese Art auch eine Logistik schaffe, bei der die notwendigen Kühltemperaturen von minus 70 Grad bei der Corona-Impfung machbar sind.
AGES-Chef lädt Erfinder des „schwedischen Wegs“
Doch bleiben wir abschließend noch kurz bei der Gegenwart: Mittlerweile sind ja - mit Ausnahme der FPÖ - so gut wie alle Politiker für eine langsame, vorsichtige Lockerung der Maßnahmen. Den schwedischen Weg präferiert im Gegensatz zum Sommer kaum noch jemand. Zu viele Menschen sind dort schon gestorben, und die Probleme mit den Infektionen und für die Wirtschaft sind ebenfalls groß. Das BIP ist im 2. Quartal um mehr als 8 Prozent eingebrochen. Dennoch wird der mittlerweile umstrittene Erfinder des schwedischen Weges, Anders Tegnell, seine Lehren in Österreich präsentieren. Ausgerechnet bei der federführenden AGES (Agentur für Gesundheit- und Ernährungssicherheit) tritt Tegnell am 14. Jänner 2021 auf. Für das Programm verantwortlich: Franz Allerberger, der Chef der AGES. Aber bis dahin sind ja hoffentlich schon die ersten Impfdosen in Wien eingetroffen.
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