Meinung/Mein Tag

In einer anderen Haut

Einen Tag nur zu erleben, wie es ist, jemand anderer zu sein. Sich so zu bewegen, so zu sprechen und vielleicht sogar so zu fühlen. Dieser Tage verkleiden sich Kinder wieder als Piraten, Prinzessinnen oder als Pippi Langstrumpf. Sie brüllen wie Dinosaurier oder sind heldenhafte Feuerwehrleute.

Die Kultur des Verkleidens kennt man in aller Welt – vielerorts schon seit Urzeiten, um böse (Winter-)Geister zu vertreiben oder auch, um mit alten Familiengeistern zu feiern. Nachdem der Karneval eher in unseren Nachbarländern groß gefeiert wird und hierzulande die breite Masse Events wie Perchtenläufe oder Narrensitzungen lieber aus der Ferne betrachtet werden, sind es bei uns vor allem die Kinder, die dieser Tage in neue Rollen schlüpfen.

Wie wichtig das für ihre Entwicklung ist, erklärte kürzlich die Psychotherapeutin Nina Arbesser-Krasser im KURIER: Denn neben dem Spaß, geht es beim Verkleiden auch darum zu verstehen, was jemand anderer in dieser Rolle machen würde.

Die Kinder lernen, andere Perspektiven einzunehmen und üben ganz unbewusst zu verstehen, dass andere Menschen andere Absichten haben könnten als man selbst.

Angesichts der aktuellen Bilder von Kindern, die sich in Luftschutzbunkern und U-Bahn-Stationen zusammenkauern, schmerzt es allerdings furchtbar, andere Perspektiven einzunehmen. Sich vorzustellen, was diese Menschen erleben und wie sie sich dabei fühlen.

Umso wichtiger ist, dass wir gelernt haben, in diese andere Haut zu schlüpfen. Denn die Menschen, die sich diese Rolle nicht ausgesucht haben, brauchen unsere Hilfe mehr denn je. Und ihre bösen Geister werden sich nicht mit Verkleidungen vertreiben lassen.

laila.docekal@kurier.at