Leben/Reise

Dublin: Wo Musik auf der Straße liegt

Wäre die Musikgeschichte anders verlaufen, vielleicht wäre nicht London die Keimzelle des Punk in Europa geworden, sondern Dublin. Oder nicht die quirlige Manchester-Szene der 1980er-Jahre hätte Bands wie Oasis oder The Smith hervorgebracht, sondern die irische Hauptstadt. Die ist zwar ohnehin Heimat von Rock-Größen wie U2, der Folk-Helden The Dubliners, Rock-Haudegen Thin Lizzy oder Sängerin Sinéad O'Connor. Doch die irischen Wurzeln, die kriegt jemand mit Vorfahren auf der Insel nie aus sich heraus.

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„Irish blood, english heart, this I’m made of“, sang Morrissey, in den 1980er-Jahren Sänger der frühen Indie-Post-Punk-Band The Smiths, später in seiner Solo-Karriere. Geboren zwar im nordenglischen Manchester, aber durch seine aus Irland eingewanderten Eltern stark beeinflusst.

Ob Sex-Pistols-Sänger Johnny Lydon und die Oasis-Brüder Liam und Noel Gallagher, deren Eltern ebenso aus Irland stammten, Ähnliches dachten, ist nicht überliefert. Aber in Dublin erinnert man gern daran, und verweist nachdrücklich auf die irischen Vorfahren der drei Beatles John Lennon, Paul McCartney und George Harrison. Wie lange die Auswanderung zurückliegt, ist egal. Sogar R&B-Superstar Rihanna ist – trotz ihrer Heimat Barbados – Irin, irgendwie zumindest. Im Stammbaum des Vaters finden sich irische Vorfahren, erfährt man im sehenswerten Auswanderermuseum EPIC in Dublin. Unnötiges Wissen nur aus Sicht von Nicht-Iren oder weniger an Musikgeschichte(n) Interessierten.

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Das Musikimage, das pflegt Dublin zweifelsfrei mit Hingabe. In wenigen Städten liegt Musik derart in der Luft. Oder besser: auf der Straße. Alle paar Meter spielen in der Fußgängerzone auf der Grafton Street ambitionierte Straßenmusiker – buskers – auf. Enorm ist die Qualität, der Stadterkundungsmarsch verlängert sich deutlich. Abends singen Nachtschwärmer auf ihrem Weg von Pub zu Pub spontan mit, oder sie tanzen gleich ein paar Takte im typisch irischen Stepptanz dazu. Riverdance auf der Straße, die Zuhörer jubeln, die Musiker lachen und der Boden ihres geöffneten Gitarrenkoffers füllt sich mit Münzen. Ein bunter musikalischer Streifzug durch alle Genres, von Folk bis Rock.

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Pub-Feeling

Das spielt’s auch alles in den Pubs. Ob Solo-Sänger mit Gitarre, traditionellen Pfeifen und Geigen oder Stromgitarren und Schlagzeug: Live-Musik gehört im Ausgehviertel Temple Bar dazu, startet am Wochenende oft schon am frühen Nachmittag, ohne Extrakosten. Ideal, um dem Dubliner Regen zu entkommen. Da hilft auch einer der gut sortierten Plattenläden, wo mitunter manch Schatz gefunden werden kann. Zu Recht heißt es bei Tower Records nahe dem Temple-Bar-Viertel „No music, no life“ – ohne Musik kein Leben. Ein idealer Nährboden für musikalische Talente.

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Leicht verfolgbar ist die Spur von Folk-Sänger Luke Kelly, dessen krause Haarpracht gleich mit zwei Denkmälern verewigt ist. Nicht zu verwechseln mit dem ebenfalls gelockten Thin Lizzy, geboren als Phil Lynott, der vor der Bruxelles Bar steht, lässig an seiner Gitarre lehnend. Beim virtuosen Bluesrock-Gitarristen Rory Gallagher reicht schon sein Instrument als Denkmal. Nach ihm wurde eine Straßenecke benannt: Die Gitarre an der Hauswand ersetzt das Straßenschild.

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U2, die einst als buskers in Dublin begannen, verewigten sich gleich selbst, unter anderem als Besitzer eines Luxushotels samt Restaurant. Dass sie viele Fans haben, ist gut im „Little Museum of Dublin“ zu sehen. In einem viktorianischen Stadthaus wird die Geschichte von Irlands Hauptstadt ausschließlich anhand von Spenden Einheimischer erzählt. Darunter sind Teller, Tassen, Plakate, Hüte, Kaminfiguren und sogar Milchflaschen. Sammlerstücke zu Bono und U2 und deren Bandgeschichte gibt es derart viele, dass sie gleich ein großes Zimmer füllen.

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Klimafreundliche Anreise
Mehrere Linien fliegen täglich nach Dublin. CO2-Kompensation: 22 €

Übernachten
Brooks Hotel, zentrales Vier-Sterne-Haus. brookshotel.ie

Anschauen
– EPIC The Emigration Museum zeichnet die Geschichte der zehn Millionen irischen Auswanderer in alle Welt multimedial nach. epicchq.com
– The Little Museum: Eine Zeitreise über drei Stockwerke mit viel Information, Witz und Humor. littlemuseum.ie
– Guinness Storehouse informiert in der früheren Brauerei über das Kult-Bier. guiness-storehouse.com

Essen
– Church Cafe, Late Bar and Restaurant: In einer ehemaligen Kirche trinken und essen. thechurch.ie
– Porterhouse Temple Bar mit 15 Sorten Craft Beer von hellem Ale bis dunklem Stout, Pub Food und täglicher Live-Music. porterhousebrewco.ie