Kultur

Wiener Bürgerinitiative fordert Karl Luegers Denkmalsturz

Gedenkkultur. Ein 20 Meter hohes Denkmal auf dem Dr.-Karl-Lueger-Platz sorgt seit Jahren für Debatten. Denn es huldigt einem Bürgermeister, der mit Erfolg antisemitischen Populismus betrieb. Alle bisherigen Vorschläge, wie mit dem Denkmal umgegangen werden solle, schlug die Stadt Wien in den Wind. Und als nächtens mehrfach das Wort „Schande“ auf den Sockel gesprayt wurde, ließ man bloß einen Bauzaun drumherum aufstellen.

Vor genau einem Monat kündigte Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) im Gespräch mit dem KURIER an, initiativ werden zu wollen: Sie lade Expertinnen und Experten zu einem runden Tisch ins Rathaus ein. „Wir machen keine ,cancel culture‘, wir schaffen das Denkmal nicht in den Keller der Geschichte, sondern wir stellen die Ambivalenz der Figur Lueger dar – in Form einer Überschreibung, eines Palimpsests.“

Das Denkmal beschmiert zu lassen, sei jedenfalls keine Lösung. „Aber ich möchte der Expertinnenrunde nicht vorgreifen.“ Der Round Table mit etwa 40 Fachleuten soll Ende Mai stattfinden, die Ergebnisse und weitere Schritte würden kommuniziert. Namen nennen wollte Kaup-Hasler auf neuerliche Nachfrage keine. Aber die Initiative #aufstehn.at sei eingeladen.

Der Verein zur Förderung zivilgesellschaftlicher Partizipation kam der offiziellen Expertenrunde zuvor – mit einer von ihm nominierten Expertenkommission. Deren Forderungen präsentierte Kampagnenleiterin Jasmin Chalendi in einer aktionistischen Pressekonferenz: Rund um das Denkmal hatte man 60 Sessel aufgestellt – Lueger zugewandt. Auf den Lehnen waren zwar kritische Statements aufgeklebt, warum es zu einer Veränderung des Platzes kommen müsse; als Symbol aber versagte die Installation. Eben weil man der vier Meter hohen Bronze-Statue nicht den Rücken kehrte.

 

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Die Experten – darunter Kunsthistorikerin Mechtild Widrich, Stadtplanerin Gabu Heindl sowie die Historiker Oliver Rathkolb und Florian Wenninger – fordern, dass Lueger entfernt, der Platz umgestaltet und umbenannt wird. Denn Antisemitismus solle keinen Platz haben.

Säuberungsaktion

Just zur gleichen Zeit kletzelten zwei Schlosser, von der Stadt Wien mit der Pflege der Denkmäler beauftragt, vom „Wienkl“, einem Dreiecksständer mit lückenhaften Erklärungen zum Lueger-Denkmal, ein Pickerl weg. Zumindest diese Säuberungsaktion samt Glanzpolitur sprach Bände.THOMAS TRENKLER