Wenn die Demokratie auf dem Spiel steht
Von Peter Temel
TV-Premiere. Großes Oscar-Kino, das dann doch nicht mit dem Oscar belohnt wurde, läuft heute als deutschsprachige Free-TV-Premiere um 20:15 Uhr im ORF1-„Sommerkino“. 2017 drehte Steven Spielberg mit „Die Verlegerin“ (im Original „The Post“) einen seiner politischsten Filme. Zwei Projekte verschob der Kultregisseur, um diesen zeithistorischen, aber zeitlos brisanten Stoff zu verfilmen.
1971 gelangten, noch vor dem Watergate-Skandal, Teile der sogenannten „Pentagon-Papers“ aus dem US-Verteidigungsministerium in die Öffentlichkeit. Die geleakten Regierungsdokumente sollten beweisen, dass die Bevölkerung jahrelang über die Vorgeschichte, den Verlauf und die Erfolgsaussichten des Vietnamkriegs belogen wurde.
Schon damals gab es Whistleblower, schon damals gab es auf der Gegenseite Politiker, die die freie Presse in Bedrängnis brachten. US-Präsident Richard Nixon erwirkte einen Gerichtsbeschluss, der es der New York Times verbot, weitere Dokumente zu veröffentlichen.
Es war die Stunde der Verlegerin der Washington Post, Katherine „Kay“ Graham, und für deren Chefredakteur, Ben Bradlee. Mit einer Menge Überzeugung arbeiteten die beiden daran, die Papiere zur Gänze an die Öffentlichkeit zu bringen, wenngleich die Existenz des renommierten Verlagshauses und seiner Mitarbeiter auf dem Spiel stand.
Spielberg machte daraus nach dem Skript der Erstlingsautorin Liz Hannah (damals 31) und den ehernen Regeln des Hollywoodkinos ein packendes Lehrstück über die Bedeutung der freien Presse für die Demokratie.
Die Verhältnisse unter Donald Trump hatten ihn zu dem Projekt animiert, „die Parallelen sind offensichtlich“, sagte der Erfolgsregisseur damals im KURIER-Interview. Aber er, der immer wieder die US-Demokraten unterstützt, habe „einen patriotischen Film gemacht, keinen parteipolitischen.“
Streep und Hanks
Als besonderen Bonus brachte der Film die erste Zusammenarbeit von Meryl Streep und Tom Hanks, die die Hauptrollen übernahmen. Spielberg meinte, er habe kaum glauben können, dass die beiden davor noch nicht miteinander gedreht hatten.
Die dreifache Oscargewinnerin Streep erhielt 2018 für ihre Darstellung der couragierten Herausgeberin völlig verdient ihre 21. Oscar-Nominierung, auch in der Kategorie Bester Film ging „Die Verlegerin“ ins Rennen.
Gewonnen haben letztlich andere. Dafür bleibt dem Spielberg-Drama die Gewissheit, auch im Jahr 2020 nicht weniger brandaktuell zu sein. Peter Temel