Kultur/Medien

Ungarn: Regierungskritisches Online-Medium Index.hu im "Würgegriff"

Das größte unabhängige Onlineportal Ungarns, Index.hu, bangt weiter um seine weitere Existenz als kritisches Medium. Nach Berichten über Umstrukturierungspläne ist der Chefredakteur des Portals, Szabolcs Dull, aus der Direktion der Index-Eigentümerin MFA entfernt worden. Er soll interne Informationen der Direktion an die Öffentlichkeit gebracht haben.

Diese Begründung gab Kuratoriumsvorsitzende Laszlo Bodolai im Onlineportal Media-1.hu. Szabolcs und mehrere Journalisten hatten am Sonntag in einem Schreiben erklärt, dass es „Einfluss von außen gebe“, der zum Verschwinden der Nachrichtenredaktion führen könnte.

Das gleichsam unabhängige Nachrichtenplattform 24.hu hatte die internen Informationen über die bei Index geplanten Umstrukturierungspläne veröffentlicht. Nach diesen Plänen könnten Teile der Redaktion in externe Firmen ausgelagert und so die Unabhängigkeit des Portals und auch Arbeitsplätze in Gefahr gebracht werden. Geringere Werbeeinnahmen wegen der Corona-Pandemie werden seitens der Eigentümerin für diese Pläne angeführt.

Mehrfach auf Gefahr hingewiesen

Das Portal hatte mehrfach auf die Gefahr hingewiesen, nachdem bei der Agentur Intermedia ein Eigentümerwechsel erfolgt war. Der dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban nahestehende Geschäftsmann Miklos Vaszily hatte im März 50 Prozent der Anteile der Agentur erworben, die das Onlineportal mit Werbeeinnahmen ausstattet.

Laut einem offenen Brief vom Sonntag sieht das größte ungarische Onlineportal seine Existenz und die Prinzipien der inhaltlichen Unabhängigkeit und Unantastbarkeit der Redaktion in Gefahr. Denn der externe Druck und die geplanten Umstrukturierungen könnten zum Aus für die Redaktion führen, schrieb Dull in dem offenen Brief. „Wir sind besorgt, dass wir auf einen Schlag mit einer organisatorischen Veränderung jene Werte verlieren, wegen denen Index zur größten und am meisten gelesenen Nachrichten-Website wurde.“ Index solle keine Nachrichtenseite sein, auf der Politiker, bei der Regierung Ein- und Ausgehende oder Wirtschaftsakteure über Inhalte entscheiden können.

"Immer engerer Würgegriff"

Laut dem Mitbegründer von Index und früherem Chefredakteur Peter Uj will die Regierung Orban die Tür aktuell nicht zuschlagen, sondern die meistbesuchte ungarische Nachrichten-Website in einen „immer engeren Würgegriff nehmen“. Was bei Index zu sehen sei, wäre ein „langer Prozess, eine sich monoton verschlechternde Lage, die heute anscheinend eine neue Stufe erreichte“, betonte Uj am Dienstag im Klubradio.

Das Portal hatte 2018 auf seiner Website ein Barometer hinsichtlich der aktuellen Unabhängigkeit der Redaktion mit drei Stufen eingerichtet: Grün für unabhängig, gelb für Gefahr und rot für nicht unabhängig. Gegenwärtig steht der Zeiger auf Gefahr.