Kultur/Medien

Nach TV-Doku: Radios streichen Michael-Jackson-Songs

Am Sonntag und Montag hat der US-Fernsehsender HBO die zweiteilige Doku "Leaving Neverland" ausgestrahlt. Darin werden erneut Missbrauchsvorwürfe gegen den verstorbenen Michael Jackson laut: Zwei erwachsene Männer berichten, angeblich von Jackson im Kindesalter missbraucht worden zu sein. Einige Radiosender haben sich nun angesichts der Vorwürfe dazu entschlossen, die Hits des "King of Pop" aus dem Programm zu nehmen.

Kanadische Radios streichen Jacksons Hits

Eine Reihe großer Radiostationen in Kanada etwa will vorerst keine Songs von Jackson mehr spielen. Das Medienunternehmen Cogeco, zu dem 22 kanadische Radiosender gehören, gab das Vorhaben am Dienstag bekannt: "Wir achten auf die Kommentare unserer Hörer", sagte Cogeco-Sprecherin Christine Dicaire der Nachrichtenagentur AFP.

Nach der Ausstrahlung der Doku habe es Reaktionen gegeben. "Bis auf weiteres" habe man Jacksons Musik daher aus dem Programm genommen.

Doch kein Boykott in Norwegen: "Entschluss war falsch"

Zuvor hatte bereits der norwegische Rundfunk NRK angekündigt, Jacksons Musik zwei Wochen lang nicht zu spielen. Nach Kritik an der Entscheidung ruderte die öffentlich-rechtliche Rundfunkgesellschaft am Dienstag allerdings wieder zurück. „Der Entschluss war falsch. Wir müssen zwischen Kunst und Künstler unterscheiden“, erklärte Rundfunkchef Thor Gjermund Eriksen.

Die Entscheidung sei zwar gut gemeint gewesen. Mittlerweile habe der NRK aber erkannt, dass es ein Fehler gewesen sei. Es solle nicht der Eindruck entstehen, dass man eine Position dazu beziehe, ob Jackson schuldig sei oder nicht. Der NRK hatte am Montag angekündigt, die Songs von Jackson ab diesem Freitag für zwei Wochen aus den Sendern P1, P13 und P1+ zu verbannen.

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Ö3: "Noch kein Grund, Jackson aus der Playlist zu streichen"

Bei Ö3 seien Jacksons Hits vereinzelt zu hören. Es gebe bisher keine Überlegungen, diese aus dem Programm zu nehmen: "Insgesamt ist das ein sehr komplexer Fall. Wir sehen zum jetzigen Zeitpunkt aber noch keinen Grund, Michael Jackson aus der Playlist zu streichen", heißt es auf Anfrage.

"Die schweren Vorwürfe, die in dem Dokumentarfilm erhoben werden, sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend gerichtlich als wahr oder falsch beurteilt worden. Der vorliegende Fall/Rechtsstreit ist aber jedenfalls redaktionell interessant und wird von uns natürlich laufend genau beobachtet."

ProSieben zeigt "Leaving Neverland" im April

Die viel diskutierte Doku wird auch hierzulande zu sehen sein: ProSieben will "Leaving Neverland" am 6. April im Hauptabendprogramm zeigen. "Die Dokumentation und die Reaktionen darauf zeigen, wie breit das öffentliche Interesse an Michael Jackson und den Anklagen gegen ihn ist", sagt ProSieben-Chefredakteur Stefan Vaupel in einer Aussendung.

"Kindesmissbrauch ist eins der größten gesellschaftlichen Tabu-Themen unserer Zeit. Kirche, Künstler und andere haben sich in den vergangenen Jahren immer wieder das Schweigen ihrer Opfer erkauft. Deshalb zeigen wir 'Leaving Neverland' auf ProSieben."

Wie umgehen mit dem Werk des Künstlers?

Die Frage, wie man mit dem Werk eines Künstlers umgehen soll, gegen den schwere Vorwürfe erhoben werden, stellt sich freilich nicht zum ersten Mal. Nach den massiven Missbrauchsvorwürfen gegen R. Kelly weigerten sich mehrere US-Radiosender, seine Musik zu spielen. Spotify löschte seine Hits zunächst aus Playlisten. Mittlerweile wurde diese Regelung wieder rückgängig gemacht - Nutzer können nun selbst bestimmte Musiker blockieren.