Medien in Österreich: Vertrauen sinkt, Verdrossenheit steigt
Lesen Sie noch Nachrichten? Der "Digital News Report" des Reuters Institute in Oxford zeichnet ein wenig erfreuliches Bild für Österreichs Medien: Das allgemeine Vertrauen in Nachrichten liegt in Österreich bei 40,6 Prozent und damit 5,7 Prozentpunkte niedriger als noch 2021. Verglichen mit der vorigen Befragung vor der Coronapandemie stieg das Vertrauen jedoch leicht an (2020: 39,7 Prozent). Auch die Zahl der „Nachrichten-Enthusiasten“ im Land ist nach einem Vorjahreshoch wieder gesunken. So nutzen 27,4 Prozent täglich mindestens sechsmal pro Tag Nachrichten, 2021 taten das noch 33,5 Prozent. Aber auch hier liegt gegenüber der Befragung vor der Pandemie eine leichte Steigerung vor (2020: 26,2 Prozent).
Nur gelegentlich Nachrichten
Die Zahl der „Schlagzeilen-Folger“, die Nachrichten ein bis fünfmal täglich nutzen, macht 55,6 Prozent der Befragten aus. 17 Prozent sind „Gelegenheits-Nutzer“. Sie nutzen Nachrichten überhaupt nicht oder zumindest nicht täglich. Mit niedrigerem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, sich nicht täglich auf dem Laufenden zu halten. Gleichzeitig ist aber der Anteil der Personen, die Nachrichten öfter als zehn Mal pro Tag nutzen, bei den 25- bis 34-Jährigen (14,7 Prozent) und den 18- bis 24-Jährigen (13,6 Prozent) am höchsten. Mit steigendem Haushalteinkommen und höherem Bildungsabschluss wächst die Wahrscheinlichkeit, Nachrichten mehrmals täglich zu nutzen.
Abo-Bereitschaft steigt
Dafür steigt die Bereitschaft, für Nachrichten im Internet zu bezahlen: So gaben 13,5 Prozent der Befragten 2022 Geld für Online-Nachrichten aus. 2021 waren es 12 Prozent, 2020 10,6 Prozent. Bei Jüngeren und Personen mit hohem Bildungsabschluss ausgeprägter. Starke Marken in dem Zusammenhang sind KURIER und Kleine Zeitung. Im internationalen Vergleich hinkt Österreich hier aber weiter hinterher. EU-weit haben 14,7 Prozent der Befragten für Online-Nachrichten bezahlt, weltweit 15,7 Prozent.
Hauptnachrichten: TV-Nachrichten
Als Hauptnachrichtenquelle rangiert das Fernsehen (33,2 Prozent) mit Abstand vor den Webseiten bzw. Apps von Zeitungen (13,6 Prozent), sozialen Medien (13,3 Prozent), Radio (12,8 Prozent) und gedruckten Zeitungen (11,4 Prozent). Betrachtet man die jüngere Bevölkerung, so sind soziale Medien bereits die wichtigste Nachrichtenquelle. Im internationalen Vergleich fallen Österreicherinnen und Österreicher gesamt betrachtet aber mit unterdurchschnittlicher Nutzung von sozialen Medien als Hauptnachrichtenquelle auf. Eine überdurchschnittliche Affinität ist dafür bei Radio und gedruckten Zeitungen gegeben.
Gefragt, welche Nachrichtenquelle in der vergangenen Woche genutzt wurde, sind ebenfalls TV-Nachrichtenprogramme mit 61,6 Prozent (2021: 66,8 Prozent) Spitzenreiter. Es folgen Radio-Nachrichtenprogramme mit 50,8 Prozent (2021: 54,2 Prozent) und Soziale Medien mit 47,4 Prozent (2021: 48,2 Prozent). Weiter abgebaut haben gedruckte Zeitungen (2022: 40 Prozent; 2021: 42,4 Prozent). Webseiten bzw. Apps von Zeitungen haben mit 40,9 Prozent gegenüber 2021 (44,4 Prozent) ebenfalls verloren, konnten aber gegenüber 2019 zulegen (38,6 Prozent). Betrachtet nach Altersgruppen zeigt sich, dass soziale Medien bei den jüngeren Befragten (18-24) boomen (63,3 Prozent), während gedruckte Zeitungen kaum genutzt werden (14,4 Prozent).
Lokales zieht, Klimakrise differenziert
Besonders hoch ist das Interesse an Lokalnachrichten (64,8 Prozent), internationaler Berichterstattung (62 Prozent) und politischen Nachrichten (57,8 Prozent). Nachrichten zu Umwelt und Klimawandel interessieren 43,1 Prozent. Dabei meinen 38,1 Prozent der Befragten in Bezug auf die Klimakrise, dass die Medien eine Reihe von Ansichten widerspiegeln und es den Menschen selber überlassen sollten, sich zu entscheiden. 33,7 Prozent der Studienteilnehmer sind der Ansicht, dass Nachrichtenorganisationen eine klare Position zugunsten von Klimakrise-Maßnahmen beziehen sollten.
Einfluss vermutet
Schlecht ist der Vertrauensindex: Lediglich eine von vier befragten Personen erachtet die Berichterstattung in Österreich als meist unabhängig von unzulässigem Einfluss durch Politik oder Regierung. 45 Prozent verneinen das. Unzulässige Einflussnahme durch Unternehmen und andere kommerzielle Aktivitäten nehmen 39,2 Prozent wahr. Bedenken, im Internet nicht zwischen Fakten und Falschmeldungen unterscheiden zu können, äußert fast jeder dritte Befragte. Am häufigsten stoßen Befragte auf irreführende Infos zu Covid-19 (56,4 Prozent), Politik (31,7 Prozent) und Klimawandel (23,4 Prozent). Basis der Studie ist eine Befragung von rund 2.000 Österreicherinnen und Österreichern, die von 25. Jänner bis 7. Februar 2022 durchgeführt wurde. Für die Auswertung und Analyse zeichnete ein Wissenschafterteam der Universität Salzburg (Fachbereich Kommunikationswissenschaft) verantwortlich.