Publikumsvoting: Ukraine gewinnt 66. Eurovision Song Contest
Die Ukraine gewinnt den 66. Eurovision Song Contest. Die Folklore-Rapformation Kalush Orchestra triumphierte am Samstagabend wie zuvor erwartet bei der musikalischen Megashow von Turin gegen 24 Konkurrenten und holt den Sieg zum dritten Mal in das derzeit von Russland angegriffene Land. "Bitte helfen Sie der Ukraine, Mariupol, helfen Sie jetzt Asowstal", hatte Sänger Oleh Psiuk am Ende des Songs "Stefania" die Zuschauer aufgefordert.
Nachdem weit nach Mitternacht der Sieg in Blau-Gelb feststand, schob Psiuk das unausweichliche "Slava Ukraini!" (Ruhm der Ukraine) nach.
Spanien überraschte
ESC-Europa zeigte sich wie im Vorfeld erwartet solidarisch mit dem vom russischen Angriffskrieg gebeutelten Land. 439 von 468 möglichen Punkten vergaben die 39 restlichen Länder, das sind fast 94 Prozent. Auch beim Jury-Voting lag das Kalush Orchestra mit 192 Punkten im Spitzenfeld (Platz 4).
Die Ukraine verwies damit Großbritannien auf Platz 2, gefolgt von Spanien. Österreichs Teenagerduo LUM!X feat. Pia Maria war hingegen bereits im 1. Halbfinale des Bewerbs ausgeschieden. Der größte Musikbewerb der Welt wird in Dutzenden Ländern weltweit ausgestrahlt - von Australien bis zum Nordkap. Alljährlich verfolgen dabei gut 120 Millionen Menschen alleine die Endrunde der Show.
Selenskij-Aufruf
Bereits untertags hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij mit einer Videobotschaft zum Votum für sein Land aufgerufen: "Europa, stimm für das Kalush Orchestra!"
Auch in Turin war der Abend mit einer Friedensbotschaft gestartet, begann die Megashow doch mit einem voraufgezeichneten Einspieler von einem Altstadtplatz der Industriemetropole, auf dem 1.000 Menschen John Lennons "Give peace a chance" intonierten. Daraufhin wurde in die ESC-Halle Pala Olimpico geschaltet, in der das Publikum den Rhythmus aufnahm.
Der KURIER-Livekommentar zum Nachlesen:
Buntes Feld
Abseits der vordersten Plätze und der politischen Konnotation angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine zeigte sich heuer ein gewohnt buntes Feld der Teilnehmer, wenn auch mit deutlicher Balladenschlagseite. Dabei gab es teils das Bekannte zu sehen - wenn man etwa an die mit Torerotango bekleidete spanische Kandidatin Chanel mit "SloMo" denkt, die zuverlässig die altbekannte Stranddiscosparte bediente und es damit aufs Stockerl schaffte. Oder wenn Portugal in Person von Mauro im Gesangskreis unter dem Titel "Saudade, saudade" wie stets mit fadoschwerem Gemüt die Sehnsucht beschwor.
Aber es trauten sich auch zahlreiche Länder mit neuen, zumindest für sie avantgardistischen Formaten vor das europäische Publikum. So hatte Griechenland heuer mit der Halbnorwegerin Amanda Georgiadi Tenfjord auch nordisch Depressives zu bieten, ging es doch bei "Die Together" ums gemeinsame Sterben, während auch Frankreich überraschte und keinen französischsprachigen Song ins Rennen schickte. Der Elektrokünstler Alvan und das Frauentrio Ahez sangen ihre bassgetriebene Nummer "Fulenn" auf Bretonisch. Islands Westernschwestern Systur interpretierten mit "Með Hækkandi Sól" Country mit Wikingertouch. Und schließlich nahm auch Serbien Abstand von Balkanrhythmen, sondern hatte mit der Architektin Konstrakta und ihrem Beitrag "In Corpore Sano" gegen den Gesundheitswahn eine beinahe avantgardistische Nummer am Start, die am Ende mit Platz 5 belohnt wurde.
Im Folgenden die Ergebnisliste des 66. Eurovision Song Contest von Turin:
PLATZ |
LAND |
ACT |
SONG |
PUNKTEZAHL |
1 |
Ukraine |
Kalush Orchestra |
Stefania |
631 |
2 |
Großbritannien |
Sam Ryder |
Space Man |
466 |
3 |
Spanien |
Chanel |
SloMo |
459 |
4 |
Schweden |
Cornelia Jakobs |
Hold Me Closer |
438 |
5 |
Serbien |
Konstrakta |
In Corpore Sano |
312 |
6 |
Italien |
Mahmood & Blanco |
Brividi |
268 |
7 |
Moldau |
Zdob şi Zdub & Advahov |
Brothers Trenuleţul |
253 |
8 |
Griechenland |
Amanda Georgiadi Tenfjord |
Die Together |
215 |
9 |
Portugal |
Maro |
Saudade, Saudade |
207 |
10 |
Norwegen |
Subwoolfer |
Give That Wolf A Banana |
182 |
11 |
Niederlande |
S10 |
De Diepte |
171 |
12 |
Polen |
Ochman |
River |
151 |
13 |
Estland |
Stefan |
Hope |
141 |
14 |
Litauen |
Monika Liu |
Sentimentai |
128 |
15 |
Australien |
Sheldon Riley |
Not The Same |
125 |
16 |
Aserbaidschan |
Nadir Rustamli |
Fade To Black |
106 |
17 |
Schweiz |
Marius Bear |
Boys Do Cry |
78 |
18 |
Rumänien |
WRS |
Llámame |
65 |
19 |
Belgien |
Jérémie Makiese |
Miss You |
64 |
20 |
Armenien |
Rosa Linn |
Snap |
61 |
21 |
Finnland |
The Rasmus |
Jezebel |
38 |
22 |
Tschechische Republik |
We Are Domi |
Lights Off |
38 |
23 |
Island |
Systur |
Með Hækkandi Sól |
20 |
24 |
Frankreich |
Alvan & Ahez |
Fulenn |
17 |
25 |
Deutschland |
Malik Harris |
Rockstars |
6 |
"Gänsehaut" aus Italien
Bleiben als ESC-Meilenstein wird auch der italienische Beitrag "Brividi" (Gänsehaut) - das erste offen schwule Liebesduett im Tournament, interpretiert von Mahmood & Blanco. Den Triumph der Rockband Måneskin aus dem Vorjahr im niederländischen Rotterdam, der den Wettbewerb nach Turin brachte, konnte das Duo allerdings nicht wiederholen. Ihre seit dem Vorjahresgewinn auf der Starleiter stetig nach oben kletternden Amtsvorgänger waren indessen vor Bekanntgabe der Ergebnisse erneut zu hören - mit ihrer neuen Single "Supermodel".
Damit komplettierte Måneskin das breite Angebot an Musikern auch abseits der Kandidaten in Turin, hatten die Veranstalter sich doch auch dafür entschieden, mit der Sängerin Laura Pausini einen der italienischen Stars der Zunft und mit Mika einen Popstar der frühen 2000er als Co-Moderatoren zu engagieren.
Das Abstimmungsergebnis der österreichischen Jury beim 66. Eurovision Song Contest steht fest. Zum bereits dritten Mal präsentierte Ö3-Moderator Philipp Hansa die Wertungen der rot-weiß-roten Experten und Expertinnen. Dies waren heuer die einstige ESC-Kandidatin Simone (Stelzer), Deutschpopsängerin Tina Naderer, Austro-Isländer Thorsteinn Einarsson, Schlagerstar Die Mayerin sowie der Musiker Wolfgang Lindner. Die Jurywertung im Überblick:
12 Punkte |
Großbritannien |
10 Punkte |
Portugal |
8 Punkte |
Niederlande |
7 Punkte |
Schweden |
6 Punkte |
Armenien |
5 Punkte |
Norwegen |
4 Punkte |
Griechenland |
3 Punkte |
Italien |
2 Punkte |
Spanien |
1 Punkt |
Schweiz |
Österreich kam im Halbfinale nur auf Platz 15
Österreichs Starter LUM!X und Pia Maria kamen im Halbfinale übrigens nur auf Rang 15 der 17 teilnehmenden Länder. Das ist den Detailergebnissen des ersten Halbfinales zu entnehmen, in dem das Teenagerduo den Eintritt ins Finale verpasst hatte. Demnach erreichte Österreich 42 Punkte, dahinter rangierten nur noch Bulgarien mit 29 und Slowenien mit 15 Punkten.
Fünf Punkte - und damit die meisten - sendete das armenische Publikum an Österreich, vier das isländische, schweizerische, kroatische und albanische. Das Publikum des Siegerlandes Ukraine vergab im Televoting drei Punkte an das österreichische Duo, ebenso wie das Publikum aus Norwegen. Zwei Punkte kamen per Televoting aus Griechenland, Dänemark, Moldawien und Italien, einer aus Lettland. Von den Jurys kamen lediglich sechs Punkte hinzu: Drei aus Italien, zwei aus Griechenland und einer aus Frankreich.