Die Platin-ROMY für das Lebenswerk 2023 geht an Otto Waalkes
Von Guido Tartarotti
„Neulich hab ich meine Frau losgeschickt, mit einem Geldsack, da war Geld drin. Und mit einem Brotsack, da war Brot drin, Und mit einem Rucksack – da war Ruck drin!“
Gibt es ein schöneres Beispiel für hemmungslos absurden Humor? Gibt es nicht.
Wenn Loriot die Deutschen das Lachen gelehrt hat, hat Otto Waalkes ihnen das Blödeln beigebracht. Loriot lieferte der deutschen Gesellschaft den höheren Blödsinn, Otto liefert ihr bis heute den blöderen Hochsinn. Und in Österreich, wo das Blödeln Hochleistungssport ist, wurde er mit großer Zuneigung aufgenommen. Nicht ohne Grund ist Otto hierzulande besonders beliebt. Und am 22. April bekommt Waalkes bei der KURIER ROMY-Gala die Platin-Auszeichnung für das Lebenswerk.
Frau Turnschuh
Nicht erst, seit er im ZIB2-Interview unter dem Tisch verschwand und Ingrid Thurnher alias „Frau Turnschuh“ – die nach Kräften versuchte, so etwas ähnliches wie ein Interview zu führen und dabei grandios scheiterte – an den Rand eines verzweifelten Lachkrampfs trieb.
Viele von Ottos Sketches sind in den Sprachgebrauch übergegangen, etwa „Englisch für runaways“ – Englisch für Fortgeschrittene. Oder die „Hänsel und Gretel“-Variationen, für die er bekannte Popsongs umdichtete.
Und natürlich „Großhirn an Kleinhirn“ – mit dem wunderbaren Satz „Noch so eine freche Bemerkung und du fliegst raus, Milz!“
Otto – wie ihn alle nennen, ohne Nachname, was als besonderes Zeichen der Zuneigung gelten darf – kam am 22. Juli 1948 in Emden zur ostfriesischen Welt. Sein Vater war Malermeister. Die Eltern waren Baptisten, und Otto besuchte die Sonntagsschule. Im Alter von elf Jahren trat er in einem Emdener Kaufhaus zum ersten Mal öffentlich auf, sang den „Babysitter-Boogie“ und bekam als erste Gage einen Gutschein über 30 Mark und das Buch „Meuterei auf der Bounty“.
Beatles
Ab 1964 trat der begabte Gitarrist mit der Beatles-Coverband „The Rustlers“ als Leadsänger auf und tourte durch Ostfriesland. Otto ging nach Hamburg, studierte Kunstpädagogik und lebte in der „Villa Kunterbunt“, gemeinsam mit Udo Lindenberg und Marius Müller-Westernhagen.
Zur Finanzierung seines Studiums trat Otto in kleinen Clubs auf, wobei er zwischen den Liedern kleine Witze erzählte. Die Witze kamen bald besser an als die Musik – so entwickelten sich seine Bühnenprogramme.
1973 lernte Otto den Satiriker Robert Gernhardt kennen, bald auch Pit Knorr und Bernd Eilert – sie wurden sein Autorenteam, das Ottos anarchischen, sprachverliebten Humor perfekt in Pointen und Sketches übersetzte.
Lebenswerk-Preis. „Ich spiele keinen Komiker – ich bin einer. Und mich freut, wenn das anderen genauso viel Spaß macht wie mir selbst.“ Das sagt Otto Waalkes, der heuer mit der KURIER ROMY in Platin für das Lebenswerk ausgezeichnet wird, im großen Interview in der KURIER freizeit, das am Tag der Gala – 22. April – erscheint.
Und ja, es macht anderen genauso viel Spaß wie ihm: Die Beliebtheit des kultigen Ostfriesen gerade auch in Österreich ist ungebrochen, viele seiner Gags sind bei manchen bereits in den Sprachgebrauch eingegangen. Wie das genau mit der anhaltenden Begeisterung kommt, erklärt der in der freizeit so: „Das müssten Sie eigentlich mein Publikum fragen. Entweder besitzt das die schöne Gabe des Vergessens, oder die Zeitlosigkeit meines Programms führt dazu, dass der alte Schmäh unter anderen Umständen wieder wie neu wirkt.“
Und Waalkes schlägt auch ernstere Töne an: „Ich bin sehr leicht verletzt“, sagt er. „Gegen rohe Gewalt musste ich mich schon in der Schule wehren, da war ich klein und schmächtig und das ideale Opfer für die stärkeren Kameraden. Vielleicht habe ich deshalb meine Form von Schlagfertigkeit und Komik entwickelt.“ Zum Lachen aber bringe in vieles – nicht zuletzt Kollegen wie Josef Hader.
Ottos Selbstbeschreibung in drei Wörtern? „Liberté, Egalité, Ostfriesenté.“
Was Ottifanten und klassische Gemälde miteinander zu tun haben, was sein persönlich größtes Abenteuer war und was seine nächsten Pläne sind, verrät er rechtzeitig zur Gala in der kommenden Ausgabe der KURIER freizeit.
Und auch, wo er die Platin-ROMY aufstellen wird: „Gleich neben den Platz, den ich für den Oscar freihalte, den ich nie bekommen werde.“
Seine erste LP „Otto“ verkaufte sich gleich 500.000 Mal, seine erste Fernsehshow „OTTO SHOW“ brachte 1973 den endgültigen Durchbruch.
Es folgten eine Reihe von Programmen, Fernsehshows und Langspielplatten, bald auch Bücher und Kinofilme, allesamt große Erfolge.
Ottifant
Ottos Markenzeichen ist bis heute der Ottifant, die Karikatur eines kleinen, freundlich lächelnden Elefanten. Nach eigenen Angaben hat Otto schon in der Schulzeit Ottifanten gezeichnet – heute sind sie ein beliebtes und erfolgreiches Merchandising-Produkt. Möglicherweise ist der Ottifant heute das bekannteste Tier Deutschlands – ein Rüsseltier, das am liebsten Küsschen verteilt.
Der Humor von Otto Waalkes lebt von hoch intelligentem Blödsinn, gewagten Sprachspielen und dem Beweis, dass billige Kalauer im richtigen Kontext große Komik darstellen können. Abgesehen davon kann er großartig Gitarre spielen und singen. Otto Waalkes ist der lebende Beweis dafür, dass auch Deutsche Schmäh haben können. Nicht zuletzt deshalb lieben wir ihn.