Kušej über Fall Teichtmeister: "Hat Vorwürfe vehement bestritten"
Nachdem am Freitag bekannt wurde, dass Schauspieler Florian Teichtmeister sich am 8. Februar wegen des Besitzes von 58.000 kinderpornografischer Dateien vor Gericht verantworten muss, fokussiert sich die Debatte auf die Frage, ob und inwiefern die Umstände der Causa in der Branche bereits seit längerem bekannt waren. Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) kündigte deshalb eine detaillierte Prüfung an. Burgtheater-Direktor Martin Kušej beantwortete der APA nun einige Fragen (siehe gesamtes Interview unten)
Demnach habe man Teichtmeister frühzeitig zur Rede gestellt, nachdem die Vorwürfe dem Burgtheater über Medienberichte im September 2021 bekannt wurden.
Dieser habe die Vorwürfe jedoch stets vehement bestritten. Arbeitsrechtliche Schritte wie eine Dienstfreistellung könne man als Arbeitgeber nicht auf Basis unbestätigter Gerüchte setzen, verteidigt sich nun Kušej gegenüber der APA.
Martin Kušej dazu im APA-Interview: "Wir hatten vom ,Standard' im September 2021 von den Vorwürfen gegen einen Burgtheaterschauspieler erfahren. Sobald wir wussten, dass es sich bei dem in den Artikeln von ,Kronen Zeitung' und ,Standard' genannten Schauspieler um Florian Teichtmeister handelt, haben wir diesen zu einem Gespräch einbestellt. Wir nehmen derartige Vorwürfe sehr ernst und haben daher umgehend Erhebungen bei uns durchgeführt. Diese Erhebungen umfassten Gespräche mit Florian Teichtmeister, der Ensemblevertretung und anderen Mitgliedern des Ensembles.
Diese Gespräche haben aber zu keinen Anhaltspunkten für die nunmehr gestandenen Taten geführt. Teichtmeister wurde von der Direktion mit den Vorwürfen konfrontiert und hat diese allesamt glaubhaft bestritten. Florian Teichtmeister erklärte mir und meiner Stellvertreterin gegenüber, dass es sich bei der Anzeige gegen ihn um einen Racheakt seiner ehemaligen Partnerin handeln würde. Um diese Vorwürfe zu entkräften, wurde von ihm erklärt: Er hätte der Polizei freiwillig und, ohne dass eine Aufforderung dazu erfolgt wäre, alle Computer, Datenträger und Handy ausgehändigt, auf denen nichts zu finden sei.
Was daher den Vorwurf zu Kinderpornografie sehr bald völlig entkräften würde. Es gäbe keine Anklage, kein laufendes Ermittlungsverfahren. Er hat sich auf unsere Nachfrage nicht geständig gezeigt und die Vorwürfe vehement bestritten. Für uns gab es also die Informationen aus der Presse und dagegen die von Florian Teichtmeister uns als Arbeitgeber gegenüber getätigter Aussage, er sei völlig unschuldig, die Vorwürfe der Gewalt gegen seine Partnerin, des Drogenmissbrauchs und des Besitzes von Kinderpornografie seien haltlos. Er führte dabei weiter aus, dass er dabei sei, sich mit seiner Ex-Partnerin wieder anzunähern. Es wurde verabredet, dass jede weitere Entwicklung, jeder weitere Vorwurf, jede weitere Anzeige und insbesondere eine Anklage dem Burgtheater zu melden sei.
Dies wurde von Florian Teichtmeister zugesichert. Die Direktion hat sich in regelmäßigen Abständen bei ihm erkundigt, ob es neue Entwicklungen in dem Fall gibt. Florian Teichtmeister berichtete später, dass seine Ex-Partnerin die Anzeige zurückziehen wolle, das nicht möglich wäre. Er bekräftigte erneut und auch später wiederholt, dass die Untersuchungen sicher bald eingestellt würden. Auch der Ensemblevertretung waren keine Anhaltspunkte für die Vorwürfe bekannt.
APA: Hat man mit Herrn Teichtmeister versucht, bis zur Klärung der Vorwürfe eine Freistellung oder ähnliches auszuverhandeln?
Kušej: Nein. Im September 2021 waren wir mit Gerüchten über Verfehlungen von Florian Teichtmeister aus seinem Privatleben konfrontiert. Die Direktion ist diesen Gerüchten im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nachgegangen, konnte diese aber nicht erhärten. Für arbeitsrechtliche Schritte gegen Florian Teichtmeister im Sinne einer vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses hat es keine Grundlage gegeben. Ebensowenig für eine Dienstfreistellung. Das ergaben alle Beratungen mit den Rechtsanwälten. Als Dienstgeber konnte das Burgtheater nur von erwiesenen Fakten oder erhärteten Gerüchten ausgehen und nicht von unbegründbaren Gerüchten. Wir hatten keine Indizien auf das in Krone und Standard geschilderte Verhalten, nichts Derartiges ist für uns feststellbar gewesen, nichts dergleichen wurde je an uns herangetragen. Gestern lag aufgrund der konkreten Medienberichterstattung über die Anklage und aufgrund der Aussagen seiner eigenen Anwälte die arbeitsrechtliche Grundlage für eine Entlassung vor, die vom Burgtheater am 13.01.2023 sofort ausgesprochen wurde.
APA: Welche rechtlichen Möglichkeiten hätte man als Arbeitgeber gehabt, auch ohne einen Konsens von sich aus Schritte zu setzen?
Kušej: Nachdem wir vom "Standard" im September 2021 erfahren hatten, dass es sich bei den Vorwürfen um ein Burgtheaterschauspieler handeln soll, haben wir uns von einer Anwältin beraten lassen. Auch haben wir die Bundestheater-Holding informiert und uns durch den Rechtsbeistand der Bundestheater Auskunft darüber geben lassen, ab wann wir arbeitsrechtliche Schritte setzen dürfen und müssen.
Dass sich die gestandenen Taten auf ein privates, nicht berufs- bzw. tätigkeitsbezogenes Verhalten des Arbeitnehmers beziehen, das außerhalb des Eingriffssphäre der Arbeitgeberin liegt, bedeutet zwar nicht, dass das private Verhalten für uns als Arbeitgeber irrelevant ist, aber es beschränkt die Möglichkeiten der Arbeitgeberin, Untersuchungen durchzuführen: Als Dienstgeber können wir keine Überprüfungen der privaten Datenträger des Arbeitnehmers oder eine Hausdurchsuchung beim Arbeitnehmer durchführen.
Überall dort, wo ein vorerst undurchsichtiger, zweifelhafter Sachverhalt vorliegt, den die Arbeitgeberin mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zunächst gar nicht aufklären kann, muss dieser das Recht zugebilligt werden, bis zur einwandfreien Klarstellung aller wesentlichen Tatumstände in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht durch die hierfür zuständige Behörde mit der Entlassung zuzuwarten. Arbeitsrechtliche Schritte wie eine Dienstfreistellung werden nicht auf Basis unbestätigter Gerüchte gesetzt. Es wurden umgehend interne Untersuchungen durchgeführt. Da diese keine Anhaltspunkte zu den Vorwürfen geliefert haben, bestand keine rechtliche Grundlage für die Dienstfreistellung.
APA: Herr Teichtmeister war zuletzt mit Hauptrollen in "Bunbury" respektive "Nebenan" sehr prominent auf den Burgtheaterbühnen präsent. Weshalb ist man dieses Risiko angesichts des Damoklesschwertes einer Verurteilung eingegangen?
Kušej: Wir wussten von der Anzeige und dass nach Florian Teichtmeister Aussage gegen Aussage steht; es galt für uns die Unschuldsvermutung. Nach den zwei Artikeln im September 2021 gab es keine Berichterstattung mehr darüber. Niemand ist mit einer persönlichen und konkreten Wahrnehmung zu den Vorwürfen an uns herangetreten. Bis heute sind wir dazu weder polizeilich, fremdanwaltlich oder gerichtlich kontaktiert worden. Wir sind davon ausgegangen, dass sich die Gerüchte und Vorwürfe als haltlos herausgestellt hätten. Von seinen Taten, seiner Kooperation mit den Ermittlern und seinem Schuldeingeständnis haben wir erst am 13.01.2023 aus den Medien erfahren.