Kultur

Liedgut-Experte über Gabalier: "Einzelne Passagen gefährlich"

"Es wäre schön, wenn sich manche Kritiker intensiver mit mir beschäftigen würden. Dann wüssten sie, dass an den Vorwürfen aber so gar nichts dran ist", sagte der selbsternannte "Volks-Rock´n´Roller" Andreas Gabalier Anfang Februar anlässlich der Verleihung des Karl-Valentin-Ordens. Genau diesen "Vorwürfen" - nämlich, dass der Steirer bewusst mit rechtspopulistischen, homophoben und frauenverachtenden Aussagen provoziere - ist nun Michael Fischer nach Aufruf von bento.de, der Jugendseite von Spiegel Online, nachgegangen.

Fischer ist Direktor des Zentrums für Populäre Kultur und Musik der Universität Freiburg. Sein Forschungsgebiet ist die volkstümliche Musik - aus der Zeit des Nationalsozialismus bis heute. Sein Fazit: Gabalier möge ein guter Entertainer sein, aber seine Lieder würden trotzdem fragwürdige Botschaften beinhalten. "Im volkstümlichen Schlager werden meist nur Berge und Wiesen besungen, Gabalier aber wird politisch", sagt Fischer gegenüber bento.de. "Er singt von 'Freiheit', von 'Kameraden' und 'Heimatsöhnen' – damit nutzt er bewusst Begriffe aus einem rechtspopulistischen Umfeld."

 

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Für besonders problematisch hält Fischer eine Passage im Lied "Mein Bergkamerad". Darin besingt Gabalier ein "eisernes Kreuz, das am höchsten Gipfel steht". Diese Formulierung erinnere ohne Zweifel an die alte Kriegsauszeichnung, so der Forscher. Es sei gewollte Provokation. Das Eiserne Kreuz nämlich war ein Kriegsorden, der zuerst für preußische Soldaten, später im Nationalsozialismus verwendet wurde. Fischer: "Das kann kein Zufall sein, soviel Naivität kann man Gabalier kaum unterstellen."

"Zuerst empören, dann zurückrudern"

Dieses "Spiel mit Begriffen" kenne man von rechtspopulistischen Politikern. Zuerst empören, um in rechten Kreisen die gewollte Wirkung zu erzielen, und dann zurückrudern. "Erst 'Heil Hitler' rufen und später behaupten, man hätte 'Grüß Gott' gemeint", formuliert es der Wissenschafter Fischer.

Fischer kritisiert auch die überholten Rollenbilder des Entertainers. Wie etwa in folgender Passage des Liedes "Mein Großvater hat gesagt": "Warum muss denn a Dirndl heut sein wie a Mann - völlig verbissen, schon fast verkrampft emanzipiert, so dass man die ganze Freud am Knuspern verliert."

Darin halte sich Gabalier bewusst vage, um keine weiblichen Fans zu verlieren. Besungen werde nur, was heute angeblich schlecht ist – zum Beispiel emanzipierte Frauen – ohne zu fordern, dass sie wieder an den Herd zurück sollen.

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"Gabalier-Kreuz"

Höchst umstritten ist auch das Cover seines Albums "Volks-Rock'n'Roller" von 2011: Kritiker sehen in seiner Pose ein nachgestelltes Hakenkreuz. Der Musiker selbst bestritt das stets. Mittlerweile ist diese Art der Koketterie im Internet angekommen, in sozialen Netzwerken ahmen Menschen wie Lutz Bachmann - Gründer der Pegida-Demos - diese Haltung nach. Name der Challenge: "Gabalier-Kreuz-Challenge".

Gabalier spiele bewusst den naiven Lausbuben, "aber diese Rolle nehme ich ihm nicht ab", sagt Experte Fischer. Er resümiert: Im Politischen gehe Gabalier deutlich weiter als andere Schlagersänger.