Frequency Festival abgesagt: "Muss schauen, wie es jetzt weitergehen kann"
Nach dem Nova Rock ist nun auch das Frequency Festival in St. Pölten abgesagt. Österreichs größer Rockveranstalter, Ewald Tatar (Barracuda Music), über die Zukunft der Konzerte im Sommer, die finanziellen Einbußen und die Zukunft.
KURIER: Haben sich seit der Ankündigung, dass Deutschland bis Ende August alle Konzerte absagt, schon Absagen von Bands und Acts ergeben, die Sie für Österreich gebucht hätten und die wegen Deutschland ihre kompletten Tourneen abgesagt haben?
Ewald Tatar: Nein, jetzt schluckt erst einmal jeder. Denn diese Ankündigung war zwischen den diversen großen Festival-Absagen noch ein Puzzlestein, der dafür gefehlt hat. Aber da wird jetzt schnell Bewegung reinkommen.
Jetzt sind in Österreich auch alle Veranstaltungen bis Ende August abgesagt worden.
Alles andere hätte mich ganz ehrlich überrascht. Herr Kurz wiegt wirklich gut ab, was er sagt. Und wenn er schon vor eineinhalb Wochen gesagt hat, dass es im Sommer solche Dinge nicht geben wird, nehme ich an, dass er mit Sommer Juli und August meint. Ich wäre überrascht gewesen, wenn es nur bis Juli gewesen wäre.
Das Live-Angebot verschiebt sich aber trotzdem vermutlich um ein ganzes Jahr, weil alle großen Acts ihre Tourneen jetzt schon auf 2021 verlegt haben.
Ich denke, dass sich dieser Trend fortsetzen wird und glaube, dass die wenigsten im Herbst oder Winter touren werden, auch wenn es erlaubt wäre. Die Leute wollen das Risiko nicht eingehen, weil noch so viel passieren kann. Dieser Unsicherheit will man aus dem Weg gehen und verlegt gleich auf 2021. Denn da – glauben wir zumindest jetzt – sind wir dann auf der sicheren Seite.
Gibt es einen Dialog zwischen Ihnen und den Behörden, was eventuell in Bezug auf Sicherheits-Abstand halten oder anderen Hygienevorschriften möglich wäre?
Nein, da gibt es überhaupt keine Gespräche.
Hätten Sie sich das gewünscht?
Nicht in Bezug auf solche Themen, weil das bei Konzerten ohnehin unglaublich schwer umzusetzen ist. Mein vordringliches Thema ist jetzt aber sowieso, mit diesen Einschränkungen umzugehen und zu schauen, wie es in den nächsten Monaten weitergehen kann. Momentan sind wir deshalb dabei, zu versuchen, die meisten von den Shows, die jetzt nicht stattfinden können, zu verschieben.
Auch das Frequency-Festival kann nicht stattfinden. Wie gewichtig ist das in all den Absagen? Oder sind solche Großveranstaltungen ohnehin so aufwändig, dass damit nicht viel Gewinn zu machen ist?
Ein Festival ist, wenn es funktioniert, schon sehr wichtig für uns. Wenn es so gut verkauft, wie das Frequency, das ist sicher kein Durchlaufposten. Man kann natürlich auch viel Geld verlieren, wenn ein Festival nicht verkauft. Aber dass das Frequency ausfällt, ist wirtschaftlich schon ein herber Schlag.
Was bedeutet es für Sie, dass Sie 71 Prozent Ihrer Firma voriges Jahr an den Entertainment-Konzern CTS-Eventim verkauft haben, im Vergleich dazu, wenn Sie in dieser Krise noch alleine dastehen würden?
Es ist natürlich schon eine Beruhigung, wenn man so einen starken Partner hat. Das habe ich schon beim Verkauf gesagt. Aber im Moment hat jeder in seinem Land so viel mit sich selbst zu tun, dass wir all die Probleme, die wir haben, zum großen Teil selbst bearbeiten. Wir koordinieren uns schon ein wenig, das ist klar. Aber ansonsten müssen wir Vorort unsere eigenen Themen abarbeiten.
Ich habe jetzt eigentlich die finanzielle Situation gemeint. Würde Sie die Corona-Krise in den Konkurs treiben, wenn Sie diesen Partner nicht hätten?
Das kann ich nicht sagen, weil ich noch nicht weiß, wie ich aus dem Ganzen rauskommen werde. Es ist so viel davon abhängig, wie viele von den Konzerten, die von Absagen betroffen sind, wir auf 2021 verschieben können. Denn dann bleiben die Tickets gültig. Dann gibt es ein Profit, den ich zwar heuer nicht habe, aber vielleicht nächstes Jahr. Da spielen so viele Faktoren mit. Ich weiß, jeder will gern Zahlen hören, aber ich habe keine. Wie gesagt, geht es mir momentan nur darum, das zu bewältigen. Ich habe 50 Mitarbeiter und muss schauen, dass die weiterhin einen Job haben.
Haben Sie Ihre Mitarbeiter zur Kurzarbeit angemeldet?
Ja, ich habe alle auf Kurzarbeit angemeldet, ganz klar. Und wir haben noch keine Entlassungen vorgenommen.
Machen Sie alternative Pläne, für andere Geschäftsfelder, wenn es noch länger dauert? Es könnte sein, dass es die gewohnte Reisefreiheit, die für Tourneen wichtig ist, erst wieder gibt, wenn es eine Impfung gibt. Das kann laut Virologen bis Anfang 2022 dauern.
Ich überlege mir keine anderen Geschäftsfelder, denn ich kann nichts anderes, ich habe nichts anderes gelernt. Ich habe natürlich auch solche Sachen gehört, bin aber kein Spezialist. Ich bin bei positiveren Aussagen positiv gestimmt, und bei negativeren eher negativ. Aber in meinem Handeln beeinflusst mich das nicht, denn ich muss total auf das fokussiert sein, was wir jetzt zu machen haben. Mich von negativen Aussagen anstecken lassen und mich zurückziehen - das geht jetzt einfach nicht. Jetzt muss ich schauen, wie es weitergehen kann. Und wie es am Ende ausgehen wird, werden wir sehen.