Kultur

Filmkritik zu "Avengers: Endgame": Gar nicht so super, Helden!

Die Avengers treten zum Endspiel an. Zuletzt hat sich das Superhelden-Ensemble aus dem Marvel Cinematic Universe (MCU) mit „Avengers: Infinity War“ zum umsatzstärksten Film des Jahrs 2018 gesteigert; nun sind die Erwartungen für die Fortsetzung ins Unermessliche gestiegen. Mit „Avengers: Endgame“ (Kinostart: heute, Mittwoch) holen die Marvel Studios – seit 2009 in Besitz von Disney – zum absoluten Kassenschlag aus: Folgt man Trendanalysen und Pre-Sales-Vorhersagen, könnte „Endgame“ zum einspielstärksten Film aller Zeiten werden.

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Mit diesem Siegesgefühl im Rücken, haben die Regie führenden Brüder Anthony und Joe Russo ihr enttäuschendes Finale ungeniert zu einem dreistündigen Blockbuster-Spektakel aufgeblasen und dabei jegliche erzählerische Bodenhaftung verloren. Während „Avengers: Infinity War“ noch eine vergnügliche Mischung aus Pop-Witz und Melodramen-Rührung zustande brachte, zelebriert Marvel nun seine melancholische Superhelden-Riege zu selbstverliebt und pathosschwanger, um der eigenen Bedeutungsschwere zu entkommen.

Selbst lustige Einschübe wie Ant-Man in der Zeitmaschine, die ihn einmal als Baby, einmal als Opa ausspuckt, bilden nur kurze Atempausen im tonnenlastigen Schicksals-Showdown.

Wer vergessen hat, wie „Infinity War“ endete, wird zu Beginn von „Endgame“ schnell erinnert: Clint Barton, auch bekannt als Bogenschütze Hawkeye, amüsiert sich gerade bei einem netten Picknick mit Frau und Kindern, als plötzlich – schnipp! – die Familie verschwindet. Spätestens dann fällt es einem wieder ein: Der intergalaktische Warlord Thanos mit dem Riesenkinn hat sechs Infinity-Steine an sich gerissen und mit einem Schlag die halbe Menschheit – auch zahlreiche Avengers – zu Staub zerbröseln lassen.

Nun gilt es für die Verbliebenen – allen voran Captain America, Hulk, Iron Man und Black Widow –, Rache an Thanos zu nehmen.

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Captain Marvel – die freche Brie Larson, mit einem Strahlenkranz umflort wie Jesus Christus – muss aber erst allen Helden einen ordentlichen Tritt in den Hintern verpassen, ehe die Truppe langsam in die Gänge kommt.

Katzenjammer

Was anfänglich zügige Action verspricht, versandet allerdings schnell in zähem Katzenjammer. Zu groß die emotionalen Verluste, zu unabänderlich das grausame Los. Chris Evans als Captain America leckt seine Wunden in einer Selbsthilfegruppe, Scarlett Johansson als Black Widow bekämpft ihren Kummer mit Erdnuss-Sandwiches und der einstmals so schöne Thor (Chris Hemsworth!) hat sich eine fette Bierwampe angetrunken. Iron Man Robert Downey Jr. will von der Superhelden-Welt überhaupt nichts mehr wissen.

Nach einer langatmigen Stunde Selbstmitleid liefert Ant-Man einen wichtigen Schlüssel zu einer möglichen Abwendung des Schicksals: Mithilfe einer Zeitmaschine könnte man eventuell tragische Ereignisse verhindern. Anlass, um in mechanisch erzählten Rückblenden die Superhelden in die Vergangenheit reisen und in einem „Best of“ ihrer eigenen Heldengeschichte gipfeln zu lassen.

Im Kampf gegen Thanos versammeln sich schließlich alle Marvel-Kämpfer zu ihrem finalen Close-up, das in einem wahren Superhelden-Medley mündet: Die Leistungsschau reicht von Black Panther bis hin zu Spiderman und gipfelt im donnernden Rausch seelenloser Spezialeffekt-Action. Übrigens: Wenn zum langen Ende der noch längere Abspann zu laufen beginnt, muss man nicht auf den üblichen Post-Credit-Trailer warten. Bei „Endgame“ gibt es keinen. Aber ein Endspiel ist sicher noch drin.

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