Kolumnen

Johannas Fest: Darf man für Hunde Geburtstagspartys veranstalten?

Die Wohnung war festlich mit Blumen geschmückt, das Buffet angerichtet, die Texte für das Lied, das an diesem Abend alle gemeinsam singen sollten, ausgedruckt und die Gastgeber empfangsbereit.

Wir hatten anlässlich Amys neuntem Geburtstag schriftlich rund 20 Erwachsene und fünf Spielgefährten – ausschließlich wohlerzogene und friedliche Freunde der jungen Dame – eingeladen.

So stimmungsvoll sich die Wohnung mit dem bereits aufgeklappten Klavierflügel und dem Kerzenlicht präsentierte, so fesch hatten sich die Gäste herausgeputzt und wunderschön verpackte Geschenke für die kleine Jubilarin mitgebracht. Die Geburtstagstorte kam von der 11-jährigen Ava, die Amy bereits im Alter von acht Wochen kennen- und lieben gelernt hat. Ava ist schon seit mehr als einem Jahr im Backmodus, setzt regelmäßig „Salomonische Rezepte“ um und experimentiert darüber hinaus den eigenen Ideen folgend. Weil Amy nichts Süßes essen soll, fabrizierte sie mit viel Fantasie einen raffinierten Kuchen auf Basis eines Haferflockenbodens belegt mit allerlei fein geschnetzeltem Fleisch, pürierten Karotten und Pastinaken. Natürlich durfte die Sprühkerze nicht fehlen.

Überraschungsparty

Amy lauerte aufgeregt vor der Eingangstüre und ihr Serotoninspiegel schien mit jedem Läuten der Gegensprechanlage zu steigen. Es war für sie eine Überraschungsparty mit Gästen aus der Nachbarschaft, teils solchen, die noch nie hier eingeladen waren. Freudig eilte sie den Neuankömmlingen im Stiegenhaus entgegen. – Was für ein Hallo! Die Erwachsenen kamen rasch miteinander ins Gespräch unterhielten sich über den eigenen Anhang und darüber, wo sie die Gastgeber kennengelernt hatten. Das Buffet wurde eröffnet. Ich kredenzte nach den Rezepten aus „Jerusalem“ der Londoner Kultköche Yotam Ottolenghi und Sami Tamimi Zubereitetes: Zur Ouvertüre Spinatsalat mit Datteln und Mandeln, Melanzani mit Chermoula (eine nordafrikanische Würzpaste), Bulgur und Joghurt, marinierten Fisch süßsauer, Hendl mit Topinambur und Zitrone und zum Abschluss Birnen in Weißwein mit Kardamom.

Der Beistelltisch neben dem Buffet begann sich unter den Geschenken zu biegen und Amy war schwer vom frühzeitigen Zugriff abzuhalten. – Wir forderten noch etwas Geduld von ihr. Jetzt setzte sich mein Mann zum Klavier und begleitete den um ihn stehenden Gästechor zu einem der bezauberndsten Lieder, die wir kennen: „How much ist that doggie in the window?“ lautet der Titel der Geschichte, in der US-Pin-up-Star der 50er-Jahre Bettie Mae Page singt, warum sie unbedingt den süßen kleinen Cockerspaniel aus dem Hundesalon erwerben möchte. Da Amy weder Englisch noch Noten lesen kann, beschränkte sich ihre Mitwirkung auf den Refrain. – Der lautet „wuff, wuff“. Natürlich musste auch noch das Licht abgedreht werden und zum feierlich inszenierten Torteneinzug ein „Happy Birthday“ her, ehe Amy ihre Geschenke aufreißen durfte. Das kann sie ganz alleine. Was nicht weiter verwunderlich wäre für eine Neunjährige. Aber Amy ist ein Hund. Ein Cockerspaniel. Unser Hund. – Ganz schön durchgeknallt, werden sich jetzt Nicht-Hundebesitzer denken. Ja, das stimmt. Durchgeknallt und so was von freudespendend! – Das schönste Kompliment kam übrigens von Ava: Das war die coolste Geburtstagsparty überhaupt. So eine möchte ich auch einmal haben!