Kolumnen

Polly Adlers Chaos de Luxe: Im Barracuda-Schwarm

Breaking news: Die Scheidung des Philosophen, der wie das Model einer skandinavischen Hipster-Wanderbekleidungs-Marke aussieht und noch dazu ein Liebling der Bildungsschickeria ist, ist durch. Die Gattin ausdruckstöpfert jetzt mit ihrem Energetiker auf Ibiza. Und plötzlich hört mein Telefon nicht mehr auf zu klingeln. Alle meine Single-Freundinnen mit Tinder-Burnout und viel Tagesfreizeit wollen wissen, ob der Mann eigentlich jetzt wieder am Markt, sprich beziehungsbereit ist („Männer erholen sich ja immer sehr schnell von so einem Desaster“), und wann („Jetzt geht’s doch wieder“) ich bereit sei, ein kleines Abendessen („Aber wirklich nur, wenn es dir nichts ausmacht, ganz ungezwungen ...“) zu schmeißen, damit man sich so „voll easy“ beschnuppern könne. Tatsächlich scheint ein unbelegter Mann in meiner Altersgruppe (50-sehr-plus) der Attraktivität einer angeschlagenen Makrele für einen Barracuda-Schwarm gleichzukommen. Ich bin perfide und lade alle Kandidatinnen mit dem Philosophen ein, es gibt Fondue, um die Angelegenheit gruppendynamisch zu beflügeln. Eine halbe Stunde vor Startschuss ruft der dem Stoizismus verbundene Denker an und fragt schüchtern, ob er noch jemanden mitbringen dürfe. Mir schwant Übles, aber ja natürlich ... Ich bereite die Paarungswilligen, die bereits Prosecco-schlürfend in meiner Küche sitzen, schonend vor. Ich bin unschuldig, aber sie hassen mich trotzdem. Die Philosophen-Begleitung hat etwas Mütterliches, eine leichte Dativschwäche und stammt aus dem Heimatort des Philosophen. Sie nennt ihn „mein Burschi“ und ist eine Jugendliebe. Der Mann muss sehr müde sein. Die Barracudas schürzen die Mündchen mit Herablassung und stellen nach dem Abgang der beiden fest „Hast du gesehen, wie er isst?“, „Soooo full of himself“ und „Auf Fotos schaut er wesentlich besser aus.“ Das war der Beginn von einigen neuen Freundschaften.

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