Impfstoff sammeln, Einhorn gegen Drachen … - Kids programmieren Spiele
Von Heinz Wagner
Die Corona-Krise, die sich im Frühjahr weltweit real und nicht zuletzt in die Gedanken praktisch aller Menschen zu verbreiten begann, veranlassten Rosa-Maria und Timo aus der 1C der Handelsakademie Tulln (NÖ) dazu, beim Spiele-Programmier-Workshop genau dazu ein Game zu gestalten. Damit’s nicht ganz so plakativ wird, schufen sie als Gegenspieler Spaceman auf der einen und Aliens auf der anderen Seite. Die Aliens bringen das Virus, Spaceman – kann auch Space-Woman sein – muss möglichst viel Impfstoff-Flaschen sammeln, aber den Aliens tunlichst ausweichen.
So schildern die beiden Jugendliche dem Kinder-KURIER in einem Online-Meeting ihre Spiel-Idee. In rund vier Stunden eines Workshop-Tages in der Schule – in einer der Präsenz-Phasen – haben sie mit Scratch – einer Art digitalem Programmier-Lego – das Spiel programmiert. „Wir haben vorgefertigte Elemente verwendet, einen passenden Hintergrund gestaltet, der cool ausschauen sollte.“ Beiden gefiel dieser Einstieg ins Programmieren. Die entsprechende KiKu-Frage beantworten sie mit „gut gefallen“ (Timo) und „cool“ (Rosa-Maria).
Youth Hackathon und f4i
Auf der Homepage sind in allen Kategorien die ersten drei Projekte aufgelistet – samt Links zu den jeweiligen Spielen und Apps – oder deren Screenshots.
Rund 1300 Schüler_innen
Dieses Duo aus der Tullner HAK, übrigens eines der wenigen gemischt-geschlechtlichen, hat mit „Spaceman vs. Alien“ einen Spitzenplatz beim jüngsten Youth-Hackaton (zusammengesetzt aus Computer-Hack und Marathon) erzielt. Vor wenigen Tagen ging die Preisverleihung für die besten Spiele und Apps, die von mehr als 1300 Schüler_innen aus mehreren Bundesländern für den vom DaVinciLab organisierten Bewerb eingereicht worden waren, über die Bühne; in Zeiten wie diesen natürlich „nur“ online. Gewertet worden war in drei Altersgruppen – Volksschule – genannt YoungStars, Sekundarstufe 1 (5. bis 9. Schulstufe) – Rookies und Oberstufe – Professionals.
Einhörner
Bei den Jüngsten gewannen die beiden Schwestern Maya (9) und Alyssa (12) mit „Stella Einhorn“. Wie der Name des kleinen Spiels nahelegt, sagend die beiden im Online-Meeting in einer Mischung aus verlegen und verschmitzt: „Wir mögen beide Einhörner“, auf KiKu-Nachfrage „schon immer, solange wir uns erinnern können“. Für so ein Spiel braucht’s so dachten die beiden, die dabei erstmals programmiert haben, „einen Gegner und da haben wir uns gedacht, da passt ein Drache. Das Einhorn muss dem ausweichen und Kristalle sammeln, dann hat es mehr Punkte. Wenn der Drache das Einhorn erwischt, hat es noch zwei Leben.“
Schwierig sei das Programmieren nicht gewesen, „aber auch nicht ganz leicht, so mittel. Wir haben das in einer Videokonferenz gelernt. Da haben wir gute Anleitung bekommen. Wenn was falsch zusammengestückelt war (auch mit Scratch) dann konnten wir das schnell ändern.“ Der Workshop dauerte vier Stunden, „die Zeit ist schnell vergangen.“
Sonst spielen sie am liebsten auf einem Tablet ein Spiel, bei dem sie Level für Level Münzen verdienen können/müssen, „damit wir Möbel kaufen und ein Haus einrichten“.
Eichhörnchen
Sammeln lässt auch Julian seine Spielfigur, ein Eichhörnchen in „The Squirrel Game“. Der AHS-4.-Klass’ler lässt das digitale Tier ebensolche Eicheln sammeln, „aber es muss sich in Acht nehmen vor einer Eule und einem Fuchs. Das Eichhörnchen kann aber auch drei Herzen sammeln – mit jedem Herz kriegt es ein weiteres Leben, wenn es von einem der Tiere gefangen wird.“
Für Julian war der Coding Day for Kids die erste Gelegenheit zum Programmieren. „Es war ned so schwer, aber a ned ganz leicht, aber es ist gut erklärt worden und war ned so anstrengend. Jedenfalls wollt ich dranbleiben und das Spiel fertig bringen.“ Ein paar Mal hat er’s danach noch gespielt, aber am liebsten spiel ich schon Minecraft. Programmieren „könnte ein nettes Hobby sein, das ich noch ein paar Mal als Freizeitbeschäftigung machen werde“.
Gesunde Ernährung – ein Spiel
Ein Spiel und eine App jener Projekte, die mit Awards des Wirtschafts- und Digitalministeriums sowie der Initiative f4i – fit for Internet – ausgezeichnet wurden, widmen sich gesunder Ernährung.
Julia und Theresia – beide 12 Jahre - programmierten „YouDecide“ (du entscheidest). Im ersten Level des Spiels geht es darum, möglichst schnell runterfallende Äpfel und orangen einzusammeln. „wir haben in der Klasse zuerst besprochen, welche Probleme es im Alltag gibt. Gesunde Ernährung und Bewegung bekommen zu wenig Aufmerksamkeit, haben wir uns gedacht“, erzählt Julia dem Kinder-KURIER. „Darauf wollten wir mit unserem Spiel aufmerksam machen.“ Im zweiten Level geht’s dann um ein anderes Thema: Tierschutz.
Julia hat sich mit Programmieren schon gut ausgekannt, für Theresia war diese Art neu, „nur in der Volksschule haben wir mit Lego was gebaut und das dann programmiert“, womit der Übergang zu Scratch auch für sie realtiv leicht war. Beide finden, „es hat viel Spaß gemacht und es könnte schon sein, dass wir uns noch einmal hinsetzen und das Spiel weiter programmieren oder was anderes.“ Jedenfalls finden beide, dass sie lieber gemeinsam arbeiten. „Eine zweite Person bringt andere Erfahrungen ein und hat auch tolle Ideen“ – so mache es nicht nur mehr Spaß, es kommt auch mehr dabei heraus.
Eine App zu gesunder Ernährung
Ein Foto mit dem Handy aufnehmen – und das Internet liefert passende Rezepte. Das ist die Idee, die in der App „YoungHealth“ (junge Gesundheit) steckt. „Ganz fertig ist unsere App nicht“, gestehen Selina und Lara aus der HLT Bergheidengasse (Wien) aus dem Zweig Hotel- und Gastronomie-Management. „Wir würden sagen, es ist ein Konzept, ein wichtiger Schritt fehlt noch und zwar, das mit der Verknüpfung mit der Internet-Such nach passenden Rezepten.“
Auf die Idee kamen die beiden durch den praktischen Kochunterricht. „Du hast oft nur die Zutaten und musst selber draufkommen, was du damit kochen könntest.“
Apropos Koch-Unterricht: Beim Kochen im Home-Schooling sind die Schüler_innen oft auf Improvisation angewiesen, „weil du zu Hause nicht alle Geräte hast, die die große Schulküche hat, musst du Wege finden, wie’s doch geht“.
Ob die beiden sich selber gesund ernähren?
„Nicht die ganze Zeit, aber schon eher gesünder, zumindest essen wir nicht fdie ganze Zeit Junk Food!“
Fitness und Sport
„Fitness Counter“ nannten Lukas und Max, beide 16 Jahre, ihre App. Als wir in der Schule vier Stunden Zeit hatten, eine App zu programmieren, stand die Aufgabe uns mit einem Gesundheitsthema zu beschäftigen. Weil wir beide sehr sportlich sind, ist uns der Fitness Counter eingefallen.“
Max spielt seit 12 Jahren Eishockey bei den Vienna Capitals. „Ich habe aber aufgehört, weil alle meine Freunde auch aufgehört haben und seither betreibe ich Triathlon. Angefangen habe ich mit drei Jahren, so genau weiß ich das selber nicht mehr. Zuerst habe ich natürlich Eislaufen gelernt.“
Lukas betreibt vor allem Kraftsport, seit der Volksschule spielt er Tennis, „früher habe ich Fußball gespielt, nicht in einem Verein, sondern in der Volksschule und in der Unterstufe des Gymnasiums im Unterricht und bei der Schülerliga.“ Beim Kraftsport setzt er vor allem auf Übungen mit Hanteln und mit dem eigenen Körpergewicht.
„Auf die Idee sind wir spontan gekommen. Wir haben uns gedacht, bei vielen Übungen kann man sich nicht so aufs Mitzählen konzentrieren. Die App soll das für einen übernehmen. Beispielsweise legst du dein Handy vor dir auf den Boden, wenn du Liegestütze machst und wenn du runtergehst, drückst du mit der Nase auf dein Handy. Die App zählt dann deine Liegestützte. Bei anderen Sportarten kannst du in der App Sekunden-Intervalle einstellen, die dann runterzählen.“
In der App gibt es drei Kategorien – für Oberkörper, Beine und Hanteln sowie Stoppuhr-Funktion. Lukas und Max besuchen eine 6. AHS-Klasse und „fanden es spannend, am Youth Hackathon teilzunehmen“.
Soccer Game
Tiziano und David haben das Spiel „Soccer Game“ programmiert. Die beiden, 13 und 12 Jahre, sind seit drei Jahren Freunde seit sie gemeinsam die Sportmittelschule Ybbs (Niederösterreich) besuchen. „In der Schule haben wir Informatik und da haben wir in ungefähr vier bis viereinhalb Stunden dieses Fußballspiel entwickelt.“
Tiziano spielt seit 8 Jahren Fußball bei Pöchlarn als Stürmer. Beide spielen oft FIFA auf der Konsole oder am Computer. Ihr Spiel sollte aber viel einfacher sein, „statt Spielern haben wir nur Kreise genommen“.
In der Schule haben wir es auch eins gegen eins mit anderen gespielt. „Einen Spitzenplatz beim Youth Hackathon zu erreichen war für uns schon wichtig, auch wenn wir nicht daran geglaubt haben. Es war für uns schon sehr überraschend.“ Die beiden wollen sich auch noch „bedanken bei den Schülern der IT-HTL Ybbs. Die haben uns beigebracht, wie man etwas programmiert“.
Teil die Freude
Claudia, Johanna, Verena und Marlene haben gemeinsam das Spiel „Share the Joy“ (Teile die Freude) programmiert. Die vier erzählen dem Kinder-KURIER, dass sie „regelmäßig in Steyr (Oberösterreich) in der Freizeit zu einem Programmier-Workshop gehen, weil wir kreative Sachen machen wollen. Als wir ein Spiel programmieren sollten, ist uns sofort das Lied Share the Joy vom Wettbewerb Junior Eurovison Song Contest eingefallen. Wir haben auch gleich gewusst, wir wollen etwas mit Musik machen und das mit Sport und Bewegung verbinden. Zuerst haben wir lange überlegt, welche Sportarten wir in das Spiel einbauen wollen und dann Schnurspringen, Reckturnen und Basketball ausgewählt.“
Die Figuren des Spiels sind aus dem genannten Bewerb – „alle 19 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben wir als Figuren in das Spiel eingebaut. Wenn du das spielst, dann wählst du zuerst eine dieser Figuren aus, dann suchst du dir eine Sportart aus, in der du versuchst, möglichst viele Punkte zu erreichen.“
Aber das ist noch lange nicht alles. „Wir haben aber noch was ganz Spannendes eingebaut. Am Schluss gibt es eine Schrecksekunde, wenn der Pokal überreicht wird, kommt eine Ente und schnappt den Pokal. Aber wir haben einen Ersatz – Pokal C. Das ist uns eingefallen, weil beim Junior Eurovision Song Contest eine Teilnehmerin gesagt hat: Wir alle müssen auf die Erde aufpassen, weil es keinen Planeten B gibt.“
Das Programmieren fanden die vier Mädchen interessant, „weil wir alles mögen was kreativ ist und mit Musik, aber auch mit Bewegung zu tun hat.“
Marlene findet aber, „Sport möchte ich am liebsten selber machen, nicht am Computer und beim Programmieren sind wir schon länger dabei gesessen. Dann hat mir alles weh getan. Aber zwischendurch etwas zu Programmieren, das kann ich mir auch später vorstellen.“
Claudia meint: „Programmieren kann ich mir auch nicht als Beruf vorstellen, weil ich was arbeiten will, wo man mehr mit Leuten reden kann und das passiert beim Programmieren eher selten.“
Gemeinnützige Community
„Unser Ziel ist es, allen Jugendlichen in Österreich – insbesondere Mädchen – einen kostenlosen Zugang zu Coding, Game und App Design im Rahmen des Schulunterrichts zu ermöglichen. Der Youth Hackathon bietet Berufsorientierung und digitale Grundbildung, Hands-on game-based learning, Freude am Gestalten mit digitalen Tools“, heißt es auf der Homepage des Bewerbs.
Youth Hackathon ist eine gemeinnützige Community von engagierten Menschen und Organisationen aus dem Bildungsbereich, dem öffentlichen Bereich, Forschung und der Wirtschaft und wurde von DaVinciLab und dem Verein MadeByKids – Bildung im 21. Jahrhundert ins Leben gerufen.
Sponsor
Für eine der Sponsorfirmen, meint Johannes Kreiner, Geschäftsführer von „Sage DPW“: „Als Botschafter des YouthHackathon-Awards bin ich begeistert, wie viele spannende Einreichungen es auch in diesem Jahr wieder gab und von den herausragenden Talenten und Ideen der Schüler schwer beeindruckt. Die Förderung unserer Jugend im Bereich digitaler Kompetenz und IT ist Sage DPW ein großes Anliegen. Hier investieren wir gezielt in die digitale Zukunft, die die Grundlage für wirtschaftliches Wachstum und sozialen Fortschritt bildet. Denn: Besonders in Zeiten großen Wettbewerbs um qualifizierte Fachkräfte, ist die Förderung des digitalen Nachwuchses für uns wichtiger denn je. Mit der Sage Foundation als Sponsor des YouthHackathon-Awards wollen wir junge Menschen für die digitalen Jobs der Zukunft begeistern.“