15-jährige spendete gehäkelten Polsterbezug für Friedensglocke
Von Heinz Wagner
Fast ein halbes Jahr lang hatte die nunmehr 15-jährige Emily an diesem Bild gehäkelt, einem Polster-Überzug. Als sie erfuhr, dass für eine große Friedensglocke in Wien Geld gesammelt wird, trennte sie sich von diesem, ihrem „Heiligtum“. Sie stellte den Kissenbezug mit dem Kinderfoto des Erfinders der „Peace-Bell“, Michael Patrick Kelly, für eine Versteigerung zur Verfügung. Damit war die Glocke aus vor allem alten Waffenschrot der Verwirklichung 150 € näher gekommen.
Im Oktober des Vorjahres hatte der Musiker und Sänger auch im Festsaal des Wiener Rathauses sein Projekt vorgestellt – in der Galanacht des Friedens. Dort traten Kinde rund Jugendliche mit eigenen Projekten im Rahmen des „Jugendfriedenspreises“ auf.
Und Michael Patrick Kelly präsentierte #peacebell. Die hatte er 2018 zum 100. Jahrestag des Endes von Weltkrieg 1 (1914 bis 1918) ins Leben gerufen. In diesem Krieg waren unter anderem Kirchenglocken eingeschmolzen worden, um daraus Kanonenkugeln zu produzieren. Die große, mehr als 500 Kilo schwere Glocke, die Kelly (ja genau aus der vor gut 20 Jahren berühmten Kelly-Family) zu seinen Konzerten mitnimmt, ist – nicht ausschließlich, aber zu einem Gutteil aus Waffenschrott, unter anderem Granathülsen aus dem Jahr 1917 gegossen worden. Das schrieb der Kinder-KURIER im Bericht über diese Galanacht.
Hier unten geht's zu einem ausführlichen KiKu-Bericht mit vielen Videos und Fotos von der Galanacht des Friedens und - weiter unten - zu einem ausfürhlichen KiKu-Interview mit Michael Patrick Kelly
Die Spenderin
Und damit kommen wir an den Ausgangspunkt dieser Geschichte zurück, zur 15-jährigen Emily aus Deutschland. Auch sie eher eine stille Heldin. Ihr ist dieses Friedenszeichen ein Herzensanliegen und sie mag den Sänger deswegen noch viel mehr als schon davor. Und will selber – trotz ihres ungewöhnlichen Einsatzes – nicht im Mittelpunkt stehen. Daher übermittelte sie dem Kinder-KURIER auch ein Foto, bei dem sie den besagten Polster vor ihr Gesicht hält – neben einem Papp-Austeller von „Paddy“ wie sie den Musiker und Sänger mit seinem altbekannten Spitznamen nennt. Die weißen Bänder, die die lebensgroße Pappfigur Kellys um den Hals hängen hat, stammen von einem der 40 Konzerte, die sie schon besucht hat – und die beim Song „Shake away“ aus einer Konfettikanone ins Publikum gefeuert werden. In der Übersetzung des Songs heißen zwei Zeilen übrigens: „reisse mich los von den alten Wegen/ habe einen neuen Kurs für das Licht“.
Genieße die Schweigeminute
Noch lieber als diesen Song und dieses oder andere Bilder ihres Lieblings-Stars mag sie bei den jüngeren Konzerten – natürlich hofft sie, dass solche bald wieder möglich sein werden – die Schweigeminute. Der Künstler nimmt die halbe Tonne schwere Glocke mit, der Schlegel ist ein altes Maschinengewehr. Wenn er die Glocke anschlägt soll es danach eine Minute ganz, ganz ruhig sein, um Opfer von Krieg und Gewalt zu gedenken – um danach noch stärker für Frieden einzutreten.
Diese Momente berühren sie, gesteht Emily, sehr stark. Da fließen schon nicht selten Tränen – manchmal der Freude, diese bedeutungsvolle Minute zusammen mit ihrem Star genießen zu können, manchmal aus Trauer, dass alles ist wie es ist. Sollte doch die Welt so sein, dass Krieg gar kein Thema mehr wäre.
Konzerte und Begegnung geben Kraft
Seit ewig mag sie Musik, und zufällig stieß sie vor rund sechs Jahren auf jene von Michael Patrick Kelly. Seine Musik und er wurden zu ihren Favoriten. Mit ihrer Mutter reiste sie kreuz und quer durch Deutschland zu seinen Konzerten. „Die Konzerte und ganz besonders Begegnungen mit Paddy geben ihr ganz viel Kraft“, ergänzt die Mutter.
Ihre Verehrung für den Künstler nahm zu, als sie von seinem Projekt #peacebell erfuhr. Und dafür spendete sie – siehe schon ganz oben – diesen Kissenbezug den sie mit Hilfe einer App – Anleitung, um Fotos zu häkeln – angefertigt hatte. Sie wollte für diese Friedensglocke spenden, hatte sich aber zuvor einen Nintendo gekauft, verrät sie dem KiKu, darum stiftete sie den Polsterbezug. Der wurde via Facebook versteigert – für 150 €. Als ihre Schwestern vom Shopping mit „Fetzen“ nach Hause kamen, fragte sie ganz frech: „Warum spendet ihr nicht lieber für die #peacebell?“
Social City Wien, Veranstalter des Jugendfriedenspreises, kündigte bei der Galanacht an, eine weitere solche Friedensglocke gießen zu lassen und in einer Dauerausstellung Einheimischen und Besucher_innen als aller Welt zugänglich zu machen. Dafür wurde eine Crowfunding-Kampagne angekündigt. Aus aktuellem Anlass erweiterte Social City Wien die Bedeutung der Aktion: „Wir haben uns dazu entschieden, dieses Projekt auch dazu zu nutzen, um den teils übermenschlichen Leistungen, den stillen Held_innen aber auch den Opfern der derzeitigen weltweiten Krise (Corona) Tribut zu zollen.“